• LITL743 [Podcast] Zwei Schicksale, ein System – Ein Blick auf Frank Goldammers ‚Zwei fremde Leben‘

    In dieser Episode erkunden wir das faszinierende Buch „Zwei fremde Leben“ von Frank Goldammer, das uns in die komplexe und oft düstere Realität der DDR in den 1970er Jahren eintauchen lässt. Die Hauptfigur, Ricarda Raspe, wird zur Protagonistin einer schicksalhaften Geschichte, als sie in einer Dresdner Klinik ein Kind zur Welt bringt, das laut Befunden tot geboren wird. Ricarda kann und will jedoch nicht an den Tod ihres Kindes glauben und vermutet stattdessen eine staatlich angeordnete Kindesentführung, die sie in einen Strudel aus Unsicherheit und Gefahr stürzt.

    Wir folgen Ricardas verzweifelter Suche nach der Wahrheit, während sie gegen die vorherrschenden gesellschaftlichen Normen und die Macht der Stasi kämpft. Ihr Ehemann, der sich auf die Seite ihres Vaters und der offiziellen Version schlägt, steht ihr in dieser Dunkelheit oft im Weg. Der zufällig anwesende Polizist Thomas Rust wird ebenfalls zum Schlüsselspieler in dieser Geschichte, als er über die mysteriösen Vorkommnisse in der Nacht von Ricardas Geburt stolpert.

    Der Erzählstrang wechselt geschickt zwischen Ricardas Geschichte und der von Claudia Belling, einer jungen Frau, die 17 Jahre später nach ihrer eigenen Herkunft sucht und dabei auf die Schatten der Zwangsadoption stößt. Claudia ist die Tochter eines hochrangigen SED-Funktionärs und kämpft ebenfalls gegen das System, als sie versucht, der DDR zu entkommen. Ihre Flucht am Tag des Mauerfalls markiert einen Wendepunkt, der sowohl Hoffnung als auch Tragik in sich trägt.

    Das Buch beleuchtet nicht nur die persönlichen Schicksale der Figuren, sondern auch die Schattenseiten eines autoritären Regimes. Goldammer gelingt es, die erschreckende Macht der Stasi herauszuarbeiten und die emotionale Belastung, die Zwangsadoptionen für Mütter und Kinder bedeuten, eindringlich darzustellen. Ricarda wird immer mehr zum Einsiedler, gefangen in ihrer Suche nach Antworten und dem sehnlichen Wunsch, ihre erste Tochter zu finden, während sie gleichzeitig gegen die Wellen des Lebens und die Hindernisse, die ihr von der Gesellschaft in den Weg gelegt werden, ankämpfen muss.

    Abschließend kann ich sagen, dass „Zwei fremde Leben“ ein fesselnder Page-Turner ist, der sowohl auf emotionaler als auch auf geschichtlicher Ebene berührt. Frank Goldammer schafft es, die komplexe und oft schmerzhafte Geschichte der DDR so zu erzählen, dass sie für jeden Leser verständlich und nachvollziehbar bleibt. Es ist eine eindringliche Erinnerung daran, wie wichtig es ist, für unsere Demokratie und die Rechte von Müttern und Kindern zu kämpfen, um sicherzustellen, dass solche Gräueltaten nie wieder geschehen.

  • LITL742 [Podcast] „Ein gutes Mädchen“ – Wenn ein Anruf alles verändert: Emma Rowleys fesselnder Domestic-Noir-Thriller

    In dieser Episode rezensiere ich das fesselnde Buch „Ein gutes Mädchen“ von Emma Rowley, das den Leser in die düstere und raffinierte Welt des Domestic Noir einführt. Der Klappentext stellt die zentrale Frage: Was geschah mit Sophie Harlow? Zwei Jahre sind vergangen, seitdem die 16-jährige Sophie spurlos verschwunden ist und ihre Mutter, Kate Harlow, unermüdlich nach Antworten sucht. Die Polizei entließ den Fall schnell als Ausreißerin, basierend auf einer Notiz von Sophie, doch Kate kann sich einfach nicht vorstellen, dass ihre Tochter aus freiem Willen weggelaufen ist.

    Die emotionale Achterbahnfahrt beginnt, als Kate für eine Hotline für Ausreißer arbeitet und eines Nachts einen alarmierenden Anruf erhält. Eine Stimme, die sie eindeutig als die ihrer Tochter identifiziert, sagt: „Ich war nie weg“. Dies ruft in Kate einen Sturm von Fragen hervor und sie durchforstet erneut alle Unterlagen, kontaktiert Sophies Freunde und entdeckt ein Geheimnis, das das Verschwinden ihrer Tochter und die Fassade ihrer idyllischen Kleinstadt fundamental in Frage stellt.

    Während ich das Buch las, wurde ich von den realistischen Emotionen und der inneren Zerrissenheit der Protagonistin gepackt. Ich konnte nicht anders, als meine eigenen Reaktionen auf eine ähnliche Situation zu reflektieren. Wie hätte ich mich gefühlt, hätte ich einen Anruf von meiner vermissten Tochter erhalten? Ich stellte mir vor, was passiert wäre, wenn über die Jahre Postkarten mit Bildern aus verschiedenen Ländern angekommen wären, die jedoch immer aus London abgeschickt wurden. Solche Gedanken zogen sich durch meinen Kopf und verstärkten das Gefühl der Unruhe, das das Buch erzeugte.

    Der Thriller ist fast durchgehend aus Kats Perspektive erzählt, was den Leser tief in ihre Verzweiflung eintauchen lässt. Im zweiten Teil des Buches wechselt die Erzählung zwischen der Sicht von Kate und Sophie, wodurch die Geschichte eine zusätzliche Dimension erhält. Kate bleibt jedoch die zentrale Figur, deren Suche nach ihrer Tochter von nahezu unerträglicher emotionaler Belastung geprägt ist. Ihr Kampf wird noch verstärkt durch das Missverständnis ihrer Umgebung – ihre Ehe bricht auseinander, ihre Schwester befürchtet um Kates geistige Gesundheit, und der Umgang mit dem zuständigen Polizisten lässt ebenfalls zu wünschen übrig.

    Emma Rowley gelingt es meisterhaft, den Leser zu fesseln. Die packende Handlung, die unverhofften Wendungen und die gut ausgearbeiteten Charaktere machen es schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Ich fühlte mich permanent in den Bann gezogen, bis hin zu einer unmittelbaren Besessenheit, weiterzulesen. Der Thriller enthält keine blutigen Szenen, sondern beschäftigt sich auf psychologische Weise mit der Thematik und trifft dabei genau den Nerv des Genres. „Ein gutes Mädchen“ hat mich emotional berührt und lässt mich gespannt auf weitere Werke von Rowley hoffen – auch wenn ich mir damit vielleicht wieder eine schlaflose Nacht aufbürde. Das Buch, erschienen im Jahr 2020, kann jederzeit als E-Book für 6,99 Euro bei jeder gut sortierten Buchhandlung bestellt werden.

  • LITL741 [Podcast] Zwischen Angst und Aufbruch: Laura Lichtblaus Schwarzpulver

    In dieser Episode widme ich mich dem Debütroman „Schwarzpulver“ von Laura Lichtblau, der in einer dystopischen Version des heutigen Berlins spielt. Der Klappentext beschreibt, wie in der Kälte der Rauhnächte eine verstörende Propaganda das Land durchdringt und drei Protagonisten in den Bann zieht. Ich stelle die Charaktere vor: Burschi, die sich leidenschaftlich in Johanna verliebt, und dabei gegen die erstickenden Normen eines autoritären Staates kämpft. Charlie, der in einer anarchischen Musikszene aufwächst und lernt, den Überwachungsmechanismen zu entkommen. Und schließlich Charlotte, die Mutter von Charlie, die zwischen Loyalität und dem Verlust ihres Verstandes schwankt, während sie in der Bürgerwehr militärisch tätig ist.

    Lichtblau greift mit ihrer feinsinnigen und gleichzeitig kraftvollen Sprache die Themen Freiheit und Unterdrückung auf. Ihre Charaktere, die sich in einem System der Angst und Kontrolle bewegen, stellen Fragen nach Identität und dem Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Das Buch regt dazu an, über die eigene Freiheit nachzudenken: Leben wir wirklich in einem freien Land, oder sind wir in unseren Meinungen und Lebensweisen limitiert durch gesellschaftliche Normen und Vorurteile?

    Während meiner persönlichen Rezension reflektiere ich über die Relevanz der Themen – insbesondere, wie Vorurteile gegen Minderheiten in der Gesellschaft manifestiert sind und wie subtil die Angst vor Ausgrenzung Menschen beeinflussen kann. Ich teile meine Empfindungen und Gedanken zur Relevanz dieser emotionalen und schockierenden Erzählung, die mich nachhaltig beschäftigt hat. Dabei beleuchte ich, wie das Geschehen im Buch erschreckend nah an aktuellen gesellschaftlichen Strömungen ist, die wieder einmal das Recht auf Andersartigkeit in Frage stellen.

    Ich lade die Hörer ein, diese Dystopie zu entdecken und die humorvollen Stellen zu finden, die Lichtblau geschickt in ihren Text eingewoben hat. Der Aufruf, den Kampf für Freiheit und Toleranz mit unseren eigenen Mitteln zu führen, wird untermauert von der Hoffnung, dass diese Fiktion nicht Realität wird. Die Diskussion darüber, wie wir uns heute in unserer Ausdrucksweise und unseren Handlungen bewegen können, zeigt die Dringlichkeit, sich für eine offene und akzeptierende Gesellschaft einzusetzen. „Schwarzpulver“ ist eine eindrucksvolle Aufforderung, für unsere Überzeugungen einzustehen, und ich appelliere an euch, als Leser und Zuhörer, diese Geschichte zu erleben und das Bewusstsein für diese Themen zu schärfen.

  • LITL740 [Podcast] Zu viel und nie genug – Mary L. Trump über Macht, Trauma und Donald Trump

    In dieser Episode bespreche ich das Buch „Zu viel und nie genug“ von Mary L. Trump, das auch den Untertitel „Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf“ trägt. Mary Trump, die Nichte von Donald Trump und promovierte klinische Psychologin, bietet uns einen tiefen Einblick in die komplexe und oft dunkle Familiengeschichte des ehemaligen US-Präsidenten. Durch intime Details und persönliche Erlebnisse erläutert sie, wie die Familie Trump eine Atmosphäre schuf, die Donald in der formenden Phase seines Lebens prägte und ihn letztlich zu einer Bedrohung für das globale Wohlergehen machte.

    Im Verlauf meiner Rezension thematisiere ich die harte Dynamik innerhalb der Trump-Familie, die durch Macht und Geld geprägt ist. Marys Beschreibung ihrer Kindheit zeigt ein Bild von Kälte und emotionaler Distanz, in der Empathie und echte menschliche Verbindung keinen Platz hatten. Besonders eindringlich schildert sie, wie ihr Onkel Donald das Verhalten seines Vaters Fred Trump beobachtete und sich immer mehr in die Fußstapfen des „Machertypus“ begab, während sein empathischer Bruder Freddy unter dem Druck der patriarchalen Erwartungen zerbrach.

    Ein zentrales Thema des Buches ist die Rolle von Marys Eltern und ihrer Erziehung. Mary beschreibt, wie die Familie mit Druck und Erwartungen umgeht, und wie sich dies auf die Psyche der Familienmitglieder auswirkt. Auch die schwierige Beziehung zwischen Donald Trump und seinem Bruder Freddy wird genauer beleuchtet: Freddy wird als der intelligentere unter den Brüdern beschrieben, jedoch von ihrem Vater als nicht geeignet angesehen. Diese ständige Ablehnung und der Druck, der auf Freddy lastet, führten zu tragischen Folgen in seinem Leben und erhellen zugleich die Wurzeln von Donalds Verhalten und aufstrebender Karriere.

    Ich reflektiere über die erschreckenden Aussagen, die Mary über ihre Familie macht, darunter die Kälte der Eltern, die oft mit finanziellen und sozialen Bewertungsmaßstäben auf ihre Kinder blickten. Dies wirft ein Schatten auf die Ideale, die in einer Familie vermittelt werden sollten und zeigt auf, wie toxische Beziehungen zu einem Produkt von Macht und Vernachlässigung führen können. Die emotionalen Wunden, die in der Trump-Familie gerissen werden, sind nicht nur für die Mitglieder selbst, sondern auch für die Gesellschaft an sich von Bedeutung.

    Am Ende der Episode teile ich meine Besorgnis über die politischen Perspektiven, die sich aus der Erziehung und dem Verhalten von Donald Trump ableiten lassen. Das Buch endet in einem Gefühl der Dringlichkeit. Ich ermutige die Zuhörer, „Zu viel und nie genug“ zu lesen, um mehr über diese komplexe Person und die zugrunde liegenden familiären Strukturen zu erfahren, die ihn geformt haben. Es ist ein tiefgreifendes Werk, das wichtige Fragen über Macht, Psychologie und die Verletzlichkeit von Menschen aufwirft und uns als Gesellschaft zur Reflexion anregt.