Grenzgänger

LITL641 [Podcast] "Grenzgänger" von Mechthild Borrmann: Einblicke in die dunklen Kapitel der Nachkriegszeit

In dieser Episode besprechen wir das Buch „Grenzgänger“ von Mechthild Borrmann, das sich mit einem oft übersehenen Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte auseinandersetzt. Der Roman erzählt die bewegende Geschichte von Henni, einem ehemaligen Heimkind, und beleuchtet die Lebensrealitäten der Kinder, die in den 50er und 60er Jahren an der deutsch-belgischen Grenze aufwuchsen. Henni, die in einem kleinen Dorf lebt, wird in die Welt des Kaffeeschmuggels hineingezogen, ein Versuch der Dorfbewohner, über die Runden zu kommen. Dieser Teil der Geschichte wird von Borrmann mit einer bemerkenswerten Präzision und Empathie skizziert.

Das Buch zeigt, wie Henni zur Hauptakteurin des Schmuggels wird und in gefährliche Situationen gerät, während sie sich um ihre Geschwister kümmert. Ein schicksalhafter Vorfall, als ihre Schwester erschossen wird, führt dazu, dass Henni in eine Besserungsanstalt eingewiesen wird. Borrmann schildert eindringlich die harten Bedingungen in diesen Einrichtungen und die traumatischen Erfahrungen, die Henni und ihre Geschwister durchleben mussten. Diese Erzählung ist nicht nur eine fesselnde Geschichte, sondern auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Thematik von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in der damaligen Gesellschaft.

Darüber hinaus enthält die Rezension persönliche Eindrücke und Reflexionen über die Auswirkungen des Romans auf den Leser. Die Autorin hat die Inspiration für ihre Geschichte aus alten Fotoalben gewonnen, was zeigt, wie vergessene Geschichten neu beleuchtet werden können. Die emotionale Tiefe und die gut recherchierte Darstellung der historischen Gegebenheiten machen „Grenzgänger“ zu einem wichtigen Beitrag zur literarischen Auseinandersetzung mit der deutschen Zeitgeschichte.

Insgesamt ist dies eine beeindruckende Erzählung, die nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Der Roman hat die Fähigkeit, den Leser emotional zu berühren und ihm ein tieferes Verständnis für die Komplexität der Lebensumstände in einer dunklen Zeit zu vermitteln. Ich empfehle „Grenzgänger“ jedem, der Interesse an einer packenden und aufschlussreichen Geschichte über die Herausforderungen der Nachkriegszeit hat.

Miese kleine Morde

LITL640 [Podcast] Krimi, der Alltag verdrängt: Warum Miese kleine Morde von Jussi Adler-Olsen so fesselnd ist

In dieser Episode befassen wir uns mit dem faszinierenden Krimi „Miese kleine Morde“ von Jussi Adler-Olsen. Der Klappentext schildert eine ebenso amüsante wie düstere Geschichte, in der Lars Hansen, frisch von seiner Frau verlassen und in Geldnöten, auf eine geniale Geschäftsidee stößt. Frauen, die mit ihren Ehemännern unzufrieden sind, kommen zu ihm, um gegen ein anständiges Honorar Hilfe bei der „Beseitigung“ ihrer Männer zu bekommen. Wichtig ist nur, dass dabei kein Blut fließt. Hansen wird schnell zum gefragten Mann in dieser Szene, doch als ein unerwartetes Ereignis eintritt, droht sein geheimes Doppelleben zu entgleisen.

Ich teile meine persönliche Rezension zu diesem Buch, das nicht nur von einer spannenden Handlung, sondern auch von einer scharfsinnigen Beobachtungsgabe zeugt. Es wird deutlich, dass es nicht neu ist, dass Friseure meist über das Leben der anderen plaudern, doch die explosive Mischung, die Adler-Olsen hier schafft, ist einzigartig. Durch ironische Wendungen und die ständige Gefahr der Entdeckung gelingt es dem Autor, ein Spiel mit dem Leser zu treiben, das sowohl unterhaltsam als auch zum Nachdenken anregt.

Ein weiterer Aspekt, den ich anspreche, ist der Humor, der sich durch die Seiten zieht. Die Situation wird zunehmend skurril, während Hansen versucht, seine Aufträge als Unfälle darzustellen, um nicht in Verdacht zu geraten. Die kleinen stilistischen Höhepunkte und die unerwarteten Entwicklungen im Plot sorgen dafür, dass die Leser:innen oft schmunzeln oder gar laut auflachen. Es ist ein Buch, das extrem kurzweilig ist und daranstiftet, es in einem Rutsch durchzulesen, ganz gleich, was im Alltag sonst noch zu erledigen ist.

Am Ende der Episode reflektiere ich über die Wirkung des Buches auf meine eigene Zeitgestaltung. Während ich mich der Handlung hingab, blieb meine Wohnung unaufgeräumt und einige Besorgungen unerledigt – so fesselnd ist dieser Krimi. „Miese kleine Morde“ wurde 2018 veröffentlicht und ist auch heute noch für einen Preis von etwa 10 Euro in jeder guten Buchhandlung erhältlich. Ein Werk, das sich hervorragend eignet, um an einem düsteren Nachmittag spannungsgeladene Unterhaltung zu finden und darüber hinaus mit einem überraschenden Ende zu punkten.

Mutters Flucht

LITL639 [Podcast] Familiengeschichte als Zeitdokument: Andreas Wunn und die Flucht seiner Mutter

In dieser Episode besprechen wir das Buch „Mutters Flucht“ von Andreas Wunn, das eine bewegende Reise in die Vergangenheit und die Erlebnisse seiner Mutter als Flüchtling nach dem Zweiten Weltkrieg beschreibt. Der Autor eröffnet die Erzählung mit eindrücklichen Bildern, die seine Erinnerungen an ein Sonnenblumenfeld und die Flüchtlingsgeschichte seiner Mutter einfangen. Diese Erinnerung wird zu einem zentralen Motiv, das durch die Protagonistin eine Vielzahl an Emotionen und Vergangenheiten einfängt, die vielschichtiger sind, als es viele Menschen in Deutschland wahrgenommen haben.

Wir erkunden die tiefen Wurzeln von Wunns Familie, die als Donauschwaben vor der Vertreibung aus Jugoslawien standen. Die Erzählung ist nicht nur eine Reise durch verschiedene geografische Orte, sondern auch eine Reise durch die Zeit – beginnend in ihrer Heimat im Banat, wo viele Deutsche lebten, bis hin zu den Herausforderungen, die sie während ihrer Flucht nach Deutschland durchlebten. Andreas Wunn schildert eindrucksvoll, wie seine unglückliche Mutter jahrzehntelang geschwiegen hat und nichts von ihrer Geschichte preisgab, was die Dorferinnerungen und das Gefühl der Heimat zu einem fast vergessenen Teil ihres Lebens machten.

Über die Route ihrer Flucht schildert Wunn, wie Orte wie Hauenstein und Secan, die in der Vergangenheit für seine Familie von Bedeutung waren, heutige Zeugen einer verschütteten Geschichte sind. So wird klar, wie vielschichtig die Erlebnisse der Flüchtlinge waren und wie sich die Erinnerung mit der gelebten Realität vermischt. Die Schilderungen der Zustände in Flüchtlingslagern und die oft brutalen Umstände, unter denen Menschen leben mussten, zeichnen ein bewegtes Bild von den Herausforderungen der Flucht. Überall entlang der Route zeichnen sich die Spuren einer kollektiven Erfahrung ab, die es wert ist, erzählt zu werden.

Andreas Wunn verknüpft persönliche Erinnerungen mit historischen Gegebenheiten und lässt uns emotional in die Lage seiner Mutter eintauchen. Seine eigene Entwurzelung und die Schwierigkeiten, mit der Geschichte seiner Familie umzugehen, finden ihren Ausdruck in der Erzählung. Es wird deutlich, dass die Erinnerungen und Gefühle seiner Mutter, die oft schmerzlich verdrängt wurden, viele Generationen prägen und dass die Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit einen tiefen emotionalen Eindruck hinterlässt.

Das Buch ist nicht nur ein Fenster in das Leben der Donauschwaben, sondern auch eine Einladung an das Publikum, über Flucht und die menschlichen Erfahrungen nachzudenken, die manchmal in der Geschichtserzählung übersehen werden. „Mutters Flucht“ ist ein eindrucksvolles Werk, das mit viel Feingefühl und Respekt geschrieben ist und darauf abzielt, die Leser emotional zu berühren, ohne in übertriebenen Pathos zu verfallen. Andreas Wuhn hofft, dass die Geschichte der Donauschwaben und der Flucht viele Leser erreicht und das Bewusstsein für diese Thematik schärft.

Ich und der Weihnachtsmann

LITL638 [Podcast] Buchzauber zur Weihnachtszeit: ‚Ich und der Weihnachtsmann‘ von Matt Haig

In dieser Episode bespreche ich das Kinderbuch „Ich und der Weihnachtsmann“ von Matt Haig, das in der besonderen Atmosphäre der Weihnachtszeit spielt. Der Klappentext enthüllt, dass Weihnachten in höchster Gefahr ist, da der listige Osterhase eine finstere Intrige schmiedet, um das Wichtelreich zu untergraben. Amelia, ein ehemaliges Kaminkehrer-Mädchen, und der Weihnachtsmann selbst, Nikolaus, stehen vor der Herausforderung, Wichtelgrund und das Weihnachtsfest zu retten. Diese Geschichte entführt die Zuhörer in eine fantasievolle Welt, in der der Kampf um die Bedeutung der Feiertage im Mittelpunkt steht.

Ich teile meine persönliche Rezension und die emotionale Verbindung, die ich mit der Geschichte und den Charakteren habe. Der Gedanke, dass möglicherweise im nächsten Jahr kein neues Weihnachtsbuch von Matt Haig erscheint, lässt mich entschließen, mir erneut das zweite Buch der Reihe „Das Mädchen, das Weihnachten rettet“ vorzunehmen. Der wahrhaft bezaubernde Stil von Matt Haig und die wunderbar detaillierten Illustrationen von Chris Mould – obwohl sie nur in Schwarz-Weiß gehalten sind – laden dazu ein, über die Bilder nachzudenken und sich in die Geschichten und die emotionale Tiefe der Charaktere zu vertiefen.

Besonders berührt hat mich Amelias Einsamkeit, eine Erfahrung, die viele Kinder im Laufe ihrer Entwicklung machen. Ihr Kampf, ihren Platz in der Welt zu finden, und die starke Botschaft über die Kraft der Wahrheit sind Aspekte, die in der heutigen Zeit von großer Bedeutung sind. Die verschiedenen Charaktere, einschließlich der nicht immer einfachen Wichtel, sorgen für humorvolle und herzerwärmende Momente, die das Geschehen auflockern und gleichzeitig für Spannung sorgen, insbesondere als die Kaninchen gegen die Wichtel und den Weihnachtsmann in den Krieg ziehen.

Ich lasse sich nicht spoilern, wie die Geschichte endet, aber ich versichere, dass der Abschluss der Reihe für den emotionalen Rahmen sorgt, den man sich wünscht. Die Überlegung, ob es vielleicht doch noch einen kleinen Erzählstrang gibt, der weitergeführt werden könnte, bleibt offen und regt die Fantasie an. Darüber hinaus ist das Buch nicht nur zur Weihnachtszeit lesbar; man kann es auch zu Ostern genießen, was die zeitlosen Themen der Geschichtserzählung unterstreicht.

Mit viel Fantasie wird der unerbittliche Kampf um Weihnachten ebenso in den Fokus gerückt wie die Freude an der Erzählkunst selbst. „Ich und der Weihnachtsmann“ ist der dritte Band der Reihe, erschienen im Jahr 2018, und lässt sich für 17 Euro in jeder gut sortierten Buchhandlung erwerben. Es ist nicht nur ein perfektes Weihnachtsbuch, sondern auch eine wundervolle Kinderüberraschung für alle Altersgruppen – zum Vorlesen, selber Lesen oder zum freien Erfinden eigener Geschichten.