Dynamit in der Villa Nobel

LITL633 [Podcast-Interview] 'Riviera Express': Stephan R. Meier im Interview über den Krimi, San Remo und das italienische Lebensgefühl

In einem ausführlichen Interview auf der Buchmesse spricht der Interviewer mit Stephan R. Meier über seine neue Buchreihe „Riviera Express“, die in der malerischen Kulisse von San Remo spielt. Meier erzählt, dass die Idee für die Krimireihe in der Pandemie entstanden ist, als er ein Bedürfnis verspürte, den Lesern eine leichtere, unterhaltsame Lektüre zu bieten, die gleichzeitig humorvoll ist. Auf diese Weise wollte er eine entspannende Flucht aus den schlechten Nachrichten der Zeit schaffen. Im Gegensatz zu seinen vorherigen Werken, die eher in das Genre des Thrillers fielen, hat er sich entschieden, klassische Kriminalgeschichten mit regionalem Flair zu erzählen, die immer einen historischen Rückblick beinhalten.

Das erste Buch der Reihe, „Mord in der Villa Nobel“, spielt an einem bemerkenswerten Ort: der Villa Nobel, wo Alfred Nobel lebte und sein Testament verfasste. Meier erklärt, dass die Bekanntheit von Nobel und die Tatsache, dass kaum jemand weiß, dass er in San Remo gelebt hat, eine bewusste Wahl für den Auftakt der Serie war. Im Verlauf des Krimis wird ein Leichenfund präsentiert, der in der Tradition guter Krimis steht und die Geschichte in zwei Richtungen entfaltet. Es gibt sowohl Verbindungen zu historischen Ereignissen als auch zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen, die die Erzählung vertiefen.

Ein weiteres Thema, das das Gespräch bereichert, ist der Ort, an dem die Geschichte spielt. Der Interviewpartner hebt hervor, wie authentisch und lebendig die Kulisse von San Remo und seiner Umgebung beschrieben wird. Meier schildert, dass er für die Figur des Kommissars Thomas Gallo ein altes Fischerdorf als Wohnort gewählt hat, das der Massentourismus bislang nicht erreicht hat. Dies fügt der Geschichte eine besondere, nostalgische Note hinzu und spiegelt das italienische Lebensgefühl wider, das sich in der Reihe manifestiert.

Besonders interessant ist die Figur des Mechanikers, genannt „Benzina“, die durch ihre Lebendigkeit und Individualität besticht. Meier erläutert, dass diese Charaktere mit ihren alltäglichen Problemen und menschlichen Schwächen für die Leser Anknüpfungspunkte schaffen und das italienische Lebensgefühl lebendig machen. Meyer beschreibt die Tradition der italienischen Küche und den kulturellen Umgang mit Essen als ein zentrales Element der Erzählung, wodurch er den Leser gleichsam auf eine kulinarische Entdeckungsreise mitnimmt.

Das Interview wird auch durch die Diskussion um die Recherche, die zu den Geschichten führt, angereichert. Meier beschreibt, wie er durch intensive Internetrecherche und den Zugriff auf Zeitungsarchive tief in Alfred Nobels Geschichte eingetaucht ist. Er geht darauf ein, dass Nobel zwar als Wohltäter mit dem Nobelpreis bekannt ist, jedoch in seiner Zeit auch als „Händler des Todes“ wahrgenommen wurde, was die Komplexität seiner Figur unterstreicht. Die Themen Gewalt und die moralischen Implikationen von Erfindungen, die sowohl für das Gute als auch für das Böse genutzt werden können, bilden einen zusätzlichen Erzählstrang.

Abschließend widmet sich Meier der weiteren Entwicklung seiner Krimireihe und betont, dass insgesamt acht Bände geplant sind, wobei der zweite Band gerade veröffentlicht wurde und weitere bereits in Arbeit sind. Zudem gibt es erste Ansätze für eine Verfilmung der Buchreihe, die die Leidenschaft und die Themen seiner Geschichten auf die Leinwand bringen sollen. Meier schließt mit einem kurzen Ausblick auf seine parallel laufenden Thriller-Projekte, die auch aktuelle gesellschaftliche Themen behandeln und reflektiert über die Herausforderungen und Chancen, die das Schreiben von Thrillern in einer sich ständig verändernden Welt mit sich bringt.

Der Drahtzieher
|

[Rezension] Der Drahtzieher – Sarah Pines

Klappentext: Theodor Hugo Hasselt hat Haltung, Wutanfälle und fluktuierende Finanzen. Der Fabrikant aus dem Sauerland soll das eingeschlafene deutsch-britische Eisenbahnprojekt »Vom Kap nach Kairo« wiederbeleben. In Südafrika verliebt er sich rettungslos in seine Cousine Alba und führt sie heim auf sein Landgut in Iserlohn. Doch dort angekommen, will Alba plötzlich Theodors besten Freund Albert, der…

Desta und das Labyrinth im Gartenteich

LITL632 [Podcast] Desta und das magische Abenteuer im Gartenteich – Ein Tauchgang in Emmy Abrahamsons Fantasiewelt

In dieser Episode widmen wir uns dem Kinderbuch „Desta und das Labyrinth im Gartenteich“, geschrieben von Emmy Abrahamson. Der Klappentext verspricht eine fantasievolle Geschichte, die stark an „Alice im Wunderland“ erinnert. Im Mittelpunkt steht die kleine Protagonistin Desta, die während eines unvorsichtigen Spiels im Gartenteich landet. Dieses Missgeschick führt dazu, dass sie in eine andere Dimension eintaucht, in der sie nicht nur nass, sondern auch geschrumpft und in einer fantastischen Unterwasserwelt gefangen ist.

Desta muss drei Rätsel lösen, um sich in dieser unbekannten Umgebung zurechtzufinden und schließlich wieder ans sichere Ufer zu gelangen. Dabei begegnet sie verschiedenen Kreaturen und Pflanzen und lernt, sich gegen die Herausforderungen, die die Unterwasserwelt bietet, zu behaupten. Eine zentrale Figur in dieser Geschichte ist Till, der Teichbewohner, der Desta bei ihren Aufgaben tatkräftig unterstützt. Diese Beziehung zwischen den beiden, die sowohl Stärken als auch Schwächen besitzen, zeigt, wie wichtig Freundschaft und Kooperation in schwierigen Situationen sind.

Während meiner persönlichen Auseinandersetzung mit diesem Buch musste ich an meine eigene Kindheit und die Warnungen meiner Familie denken, die mich dazu ermahnten, beim Spielen am Gartenteich vorsichtig zu sein. Desta erlebt auf amüsante und lehrreiche Weise Abenteuer in ihrem Gartenteich und entdeckt viele Facetten der Natur, die für Kinder faszinierend sind. Die Handlung zeigt, dass auch scheinbar harmlose Orte wie ein Teich viele Geheimnisse und Überraschungen bergen können.

Besonders hervorzuheben sind die schön gestalteten Rätsel, die logisch und ansprechend sind, sowie die liebevollen Illustrationen, die das Buch zu einem visuell ansprechenden Erlebnis machen. Obwohl das Buch speziell für Mädchen um die acht Jahre gedacht ist, kann es gleichermaßen Kinder angesprochen, die sich für die Natur und die kleinen Abenteuer, die sie bereithält, interessieren. Es schärft das Bewusstsein für die Umgebung und fördert die Fantasie, indem es die Leser ermutigt, die Schönheiten und Gefahren eines Gartenteichs zu entdecken.

Die Hungrigen und die Satten

LITL630 [Podcast] Satire am Puls der Zeit: „Die Hungrigen und die Satten“ im Spiegel der Gesellschaft von Timur Vermes

In dieser Episode widmen wir uns dem faszinierenden Roman „Die Hungrigen und die Satten“ von Timo Vermes, der uns durch eine packende Gesellschaftssatire führt. Wir erkunden die brisanten Themen, die der Autor aufgreift, und beleuchten dabei die aktuellen gesellschaftlichen Strömungen, die das Buch inspirieren. Das Werk beginnt mit der Deutschland spezifischen Realität der Asylpolitik und führt uns in die Lager jenseits der Sahara, wo Millionen Flüchtlinge auf eine ungewisse Zukunft warten.

Besonderes Augenmerk schenken wir der Protagonistin Nadesch Hakenbusch, einer Star-Moderatorin, die das größte Flüchtlingslager besucht. Ihre während dieser Reise getätigten Äußerungen und deren mediale Aufarbeitung zeigen eindrücklich, wie die Gesellschaft und die Politik auf diese prekäre Situation reagiert. Wir diskutieren, wie Vermes mit satirischem Witz und spitzer Feder die Gleichgültigkeit und Hilflosigkeit der deutschen Politik anprangert und gleichzeitig die menschlichen Schicksale der Betroffenen ins Licht rückt.

In der Debatte um die Flüchtlinge und den politischen Diskurs stehen mögliche Lösungsansätze im Vordergrund. Josef Leubl, der Innenminister, wird zur zentralen Figur, die sich mit den existenziellen Fragen konfrontiert sieht: Was können wir tun? Und in welchem Land möchten wir leben? Wir erörtern Leubls Überlegungen und wie sie die gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen beeinflussen könnten. Angesichts der brisanten Thematik beleuchten wir auch, wie der Autor in der Geschichte sowohl komische als auch verstörende Elemente ineinander Flechten kann, was dem Leser ein intensives und nachdenkliches Leseerlebnis bietet.

Die Rezension hebt hervor, dass das Buch nicht für schwache Nerven geeignet ist und die dystopischen Elemente einen nachdrücklichen Eindruck hinterlassen. Wir diskutieren die kritischen Stimmen zur Darstellung von Nadesch Hakenbusch und anderen Charakteren, die manchmal wie Karikaturen erscheinen, aber dennoch tiefere Wahrheiten über unsere Gesellschaft und Medienlandschaft offenbaren. Vermes schafft es, durch diese Übertreibungen einen Spiegel vor die Leser zu halten und sie zum Nachdenken über ihr eigenes Verständnis von Flüchtlingspolitik und dem menschlichen Zusammenleben zu bewegen.

Im Schluss des Buches wird es emotional, und die Leser erhalten einen letzten Denkanstoß darüber, wie wichtig es ist, über den Tellerrand hinauszuschauen und globale Lösungen für die komplexen Probleme unserer Zeit zu finden. Unser Gespräch über „Die Hungrigen und die Satten“ ermutigt dazu, sich mit den aufgeworfenen Fragen aktiv auseinanderzusetzen und sich selbst und die eigene Position in dieser Thematik zu hinterfragen. Dieses Buch hat das Potenzial, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen und die Diskussion über Asyl und Integration neu zu entfachen.