Mutters Flucht

LITL639 [Podcast] Familiengeschichte als Zeitdokument: Andreas Wunn und die Flucht seiner Mutter

In dieser Episode besprechen wir das Buch „Mutters Flucht“ von Andreas Wunn, das eine bewegende Reise in die Vergangenheit und die Erlebnisse seiner Mutter als Flüchtling nach dem Zweiten Weltkrieg beschreibt. Der Autor eröffnet die Erzählung mit eindrücklichen Bildern, die seine Erinnerungen an ein Sonnenblumenfeld und die Flüchtlingsgeschichte seiner Mutter einfangen. Diese Erinnerung wird zu einem zentralen Motiv, das durch die Protagonistin eine Vielzahl an Emotionen und Vergangenheiten einfängt, die vielschichtiger sind, als es viele Menschen in Deutschland wahrgenommen haben.

Wir erkunden die tiefen Wurzeln von Wunns Familie, die als Donauschwaben vor der Vertreibung aus Jugoslawien standen. Die Erzählung ist nicht nur eine Reise durch verschiedene geografische Orte, sondern auch eine Reise durch die Zeit – beginnend in ihrer Heimat im Banat, wo viele Deutsche lebten, bis hin zu den Herausforderungen, die sie während ihrer Flucht nach Deutschland durchlebten. Andreas Wunn schildert eindrucksvoll, wie seine unglückliche Mutter jahrzehntelang geschwiegen hat und nichts von ihrer Geschichte preisgab, was die Dorferinnerungen und das Gefühl der Heimat zu einem fast vergessenen Teil ihres Lebens machten.

Über die Route ihrer Flucht schildert Wunn, wie Orte wie Hauenstein und Secan, die in der Vergangenheit für seine Familie von Bedeutung waren, heutige Zeugen einer verschütteten Geschichte sind. So wird klar, wie vielschichtig die Erlebnisse der Flüchtlinge waren und wie sich die Erinnerung mit der gelebten Realität vermischt. Die Schilderungen der Zustände in Flüchtlingslagern und die oft brutalen Umstände, unter denen Menschen leben mussten, zeichnen ein bewegtes Bild von den Herausforderungen der Flucht. Überall entlang der Route zeichnen sich die Spuren einer kollektiven Erfahrung ab, die es wert ist, erzählt zu werden.

Andreas Wunn verknüpft persönliche Erinnerungen mit historischen Gegebenheiten und lässt uns emotional in die Lage seiner Mutter eintauchen. Seine eigene Entwurzelung und die Schwierigkeiten, mit der Geschichte seiner Familie umzugehen, finden ihren Ausdruck in der Erzählung. Es wird deutlich, dass die Erinnerungen und Gefühle seiner Mutter, die oft schmerzlich verdrängt wurden, viele Generationen prägen und dass die Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit einen tiefen emotionalen Eindruck hinterlässt.

Das Buch ist nicht nur ein Fenster in das Leben der Donauschwaben, sondern auch eine Einladung an das Publikum, über Flucht und die menschlichen Erfahrungen nachzudenken, die manchmal in der Geschichtserzählung übersehen werden. „Mutters Flucht“ ist ein eindrucksvolles Werk, das mit viel Feingefühl und Respekt geschrieben ist und darauf abzielt, die Leser emotional zu berühren, ohne in übertriebenen Pathos zu verfallen. Andreas Wuhn hofft, dass die Geschichte der Donauschwaben und der Flucht viele Leser erreicht und das Bewusstsein für diese Thematik schärft.

Der Leise Tod

LITL489 [Podcast] Rezension: Inspektor Takeda und der leise Tod – Henrik Siebold

In dieser Episode sprechen wir über den Krimi „Inspektor Takeda und der leise Tod“ von Henrik Siebold. Die Geschichte handelt von einem japanischen Ermittler, der in Deutschland tätig ist. Mir persönlich fasziniert diese Konstellation und ich finde es interessant, wie der Autor die kulturellen Unterschiede und Herausforderungen des Protagonisten darstellt.

Die Handlung beginnt mit einem Fall, bei dem ein Baby von einem Balkon geworfen wird. Die Polizei kann den Täter schnell fassen. Doch danach wird die Geschichte noch spannender. Ein bekannter Internet-Star wird tot vor seiner Wohnung aufgefunden und es gibt viele Verdächtige. Der Verstorbene war sowohl im Berufs- als auch im Privatleben unbeliebt, was die Auswahl der Täter erschwert. Zusätzlich zu den Mordfällen gibt es einen Drogenring, der enttarnt wird, denn alle Spuren deuten auf das Drogenmilieu hin.

Besonders interessant finde ich die Ermittlungsarbeit von Inspektor Takeda. Er ist ein vielschichtiger Charakter und ich verfolge gespannt, wie er sich im Laufe der Geschichte entwickelt. Er entwickelt eine Beziehung zu seiner Kollegin Claudia Harms, was die Situation zusätzlich kompliziert macht.

Die Geschichte hat auch ihre humorvollen Momente. Eine Szene, die mir besonders im Gedächtnis geblieben ist, ist, als Takeda bei einer Besprechung einschläft, während alle denken, er höre aufmerksam zu.

Insgesamt bin ich von der intelligenten und angenehmen Schreibweise des Krimis begeistert. Ich hoffe, dass der Autor dieses Niveau auch in seinen weiteren Werken beibehält. Wenn ihr den Krimi lesen möchtet, könnt ihr ihn im Aufbau Verlag für 12 Euro erwerben. Ich kann ihn definitiv empfehlen.

Der Mörder und das Mädchen

LITL364 [Podcast] Rezension: Der Mörder und das Mädchen – Sofie Sarenbrant

„Sofie Sarenbrant ist die aufregendste neue Krimiautorin in Schweden.“ Camilla Läckberg

Noch einen Tag noch – dann, glaubt Cornelia, hat ihr Martyrium ein Ende, dann zieht sie mit Astrid, ihrer sechsjährigen Tochter, aus ihrem Haus aus und kann Hans, ihren gewalttätigen Mann, endlich verlassen. Doch am Morgen findet sie Hans tot im Gästezimmer. Emma Sköld, hochschwanger und sehr ehrgeizig, übernimmt den Fall: Für sie ist Cornelia die erste Verdächtige, doch es gibt auch eine andere Spur: Die kleine Astrid will in der Nacht einen Mann neben ihrem Bett gesehen haben, der sie gestreichelt hat.

Packend und sehr atmosphärisch – der neue Bestseller aus Schweden

Hool

LITL293 [Podcast] Rezension: Hool - Philipp Winkler

Jeder Mensch hat zwei Familien. Die, in die er hineingeboren wird, und die, für die er sich entscheidet. HOOL ist die Geschichte von Heiko Kolbe und seinen Blutsbrüdern, den Hooligans. Philipp Winkler erzählt vom großen Herzen eines harten Jungen, von einem, der sich durchboxt, um das zu schützen, was ihm heilig ist: Seine Jungs, die besten Jahre, ihr Vermächtnis. Winkler hat einen Sound, der unter die Haut geht. Mit HOOL stellt er sich in eine große Literaturtradition: Denen eine Sprache zu geben, die keine haben.
Einen so knallharten, tieftraurigen und todkomischen Debütroman hat es seit Clemens Meyers „Als wir träumten“ in Deutschland nicht mehr gegeben. Thomas Klupp
Winkler schreibt bewegend, kraftvoll und mit feinem Gespür für die Welt der Außenseiter. Denn eigentlich ist Heiko Kolbe ein hoffnungsloser Romantiker und seine Gewalt ein stummer Schrei nach Liebe. Moritz Rinke
Woher kommt die Wut, was tust du, wenn dir nichts geblieben ist? Verzweifelt, knallhart und voller Herz. HOOL leuchtet aus allen Wunden. Lucy Fricke