Einige aber doch

LITL689 [Podcast] Sabine Friedrichs 'Einige aber doch': Eine Pflichtlektüre über Mut und Entschlossenheit

In dieser Episode geht es um das Buch von Sabine Friedrich, das sich mit der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ während der NS-Zeit beschäftigt. Ich teile meine persönlichen Eindrücke und Gedanken zu diesem bewegenden Thema, das mich als Pfadfinder immer wieder fasziniert. Das Buch beleuchtet keine fernen Helden, sondern erzählt die Geschichten von Menschen, die gezwungen waren, sich der ihrer Zeit zu stellen – Menschen mit unterschiedlichen Lebenswegen und Überzeugungen, die oft zwischen Anpassung und Widerstand schwankten.

Wir tauchen in die Biografien einiger der Protagonisten ein, darunter auch Arwid und Mildred Harnack, deren Lebensgeschichten mich besonders berührten. Ihre Studienzeit in Gießen und die Verstrickungen in die Zeitgeschichte machen ihre Erlebnisse anschaulich und greifbar. Es wird deutlich, dass der Widerstand nicht nur bei KPD-Mitgliedern zu finden war, sondern breit gefächert war und verschiedene gesellschaftliche Schichten umfasste, einschließlich SPD-Anhängern, Juden und Frauen.

Besonders eindringlich sind die Schilderungen von Fluchtversuchen und den drakonischen Lebensumständen, unter denen viele Juden litten. Ein Satz, der mich tief berührt hat, war der eines Kindes, das sich nach einer Identität in Form eines Sterns sehnte – ein Bild der Verzweiflung und Unschuldige angesichts der brutalen Realität. Diese menschlichen Schicksale und die verschiedenen Motivationen der Beteiligten regen zum Nachdenken an und wir werfen einen kritischen Blick auf die Gründe, warum ähnlich große Bewegungen in unserer heutigen Zeit nicht die gleiche Resonanz finden.

Weiterhin reflektiere ich über die Warnungen, die von der Roten Kapelle an die Alliierten gesendet wurden und wie wenig ernst sie genommen wurden. Dazu kommt die Einschätzung, dass man in Diktaturen oft nur sehr begrenzte Möglichkeiten hat, seine Meinung frei zu äußern. Ich betone die Notwendigkeit, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, um zu verhindern, dass wir in ähnliche Verhältnisse zurückfallen.

Die beeindruckende Recherche von Sabine Friedrich und die Art und Weise, wie sie die Lebensverhältnisse und die inneren Kämpfe ihrer Protagonisten darstellt, macht das Buch zu einer Pflichtlektüre für alle, die sich mit der Geschichte des Widerstands gegen faschistische Regime auseinandersetzen möchten. Ich schließe diese Episode mit einer starken Botschaft: Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass einige, trotz aller Widrigkeiten, für Freiheit und Gerechtigkeit eingetreten sind. Ihr Mut und ihre Entschlossenheit dürfen nicht in Vergessenheit geraten.

Der Größte Spaß

LITL686 [Podcast] Ein facettenreiches Familienportrait: Claire Lombardos 'Der größte Spaß, den wir je hatten'

In dieser Episode befassen wir uns intensiv mit dem Roman „Der größte Spaß, den wir je hatten“ von Claire Lombardo. Der Klappentext kündigt ein facettenreiches Familienportrait an, in dem die vier Sorenson-Schwestern, geprägt von der nahezu perfekten Ehe ihrer Eltern Marilyn und David, ihre eigenen Kämpfe und Herausforderungen durchleben. Wir werfen einen Blick auf die Dynamiken innerhalb dieser Familie, die von Glück und Enttäuschung, Liebe und Verlust geprägt sind.

Wendy, die älteste Schwester, ist als früh verwitwete Frau auf der Suche nach Trost in alkoholischen Getränken und unverbindlichen Beziehungen. Ihre ständige Auseinandersetzung mit der Erinnerung an ihre große Liebe zeigt die Herausforderungen, die mit dem Verlust verbunden sind. Wir diskutieren, wie Wendy versucht, mit ihrem Schmerz umzugehen und ob sie jemals die Stärke finden kann, sich von ihrer Vergangenheit zu lösen.

Violet, die zweite Tochter, steht in einem zunehmenden Konflikt zwischen ihrem Bild einer perfekten Mutter und den inneren Unsicherheiten, die sie quälen. Die Hörer erfahren von den Herausforderungen, die sich aus ihrer Rolle als Vollzeit-Mutter ergeben, und wie diese ihre Identität als Anwältin infrage stellen. Lisa, die ehrgeizige Professorin, hat währenddessen mit ihrem unerwarteten Schwangerwerden zu kämpfen und gerät in einen Strudel aus Verwirrung über ihre Wünsche und Lebensvorstellungen.

Das Nesthäkchen Grace ist mit dem Drang konfrontiert, ein Leben zu führen, das ihre Eltern akzeptieren, während sie gleichzeitig eine unerfüllte Existenz führt. Ihr innerer Konflikt wird verstärkt, als Jonah, der Sohn von Violet, unerwartet in die Familie zurückkehrt, nachdem er zur Adoption freigegeben wurde. Jonah fungiert als Katalysator für viele Veränderungen innerhalb der Familie und zwingt die Schwestern, sich ihren wahren Gefühlen und Sorgen zu stellen.

Im Gespräch reflektieren wir über die verschiedenen Perspektiven, die der Leser durch die wechselnden Erzählstimmen der vier Schwestern erhält. Dabei wird deutlich, dass die Stärken und Schwächen einer Familie nicht nur durch äußere Einflüsse geprägt werden, sondern auch durch die individuellen Kämpfe, die jede Schwester für sich selbst ausführt.

Abschließend bespreche ich die Schreibweise von Claire Lombardo und wie sie es schafft, authentische Emotionen zu transportieren und den Leser in eine Welt einzuführen, die zugleich unterhaltsam und nachdenklich ist. Mithilfe von Humor und schweren Themen gelingt es ihr, die Leser mit der Sorenson-Familie zu verbinden. „Der größte Spaß, den wir je hatten“ ist mehr als nur ein Familienroman; es ist eine Untersuchung der Komplexität familiärer Beziehungen und der unvermeidlichen Herausforderungen, denen sich jedes Familienmitglied stellen muss.

Die Frau im Mond

LITL675 [Podcast] Vergessene Bücherperle? Warum „Die Frau im Mond“ lesenswert bleibt

In dieser Episode geht es um die Rezension des Buches „Die Frau im Mond“ von Milena Agus, einem preisgekrönten Roman, der eine faszinierende Mischung aus Liebe, Sehnsüchten und den Herausforderungen des Lebens bietet. Ich tauche tief in die Geschichte ein, die von einer Großmutter erzählt, die sowohl in ihrer Jugend als auch als reife Frau mit den Begriffen Liebe und Enttäuschung konfrontiert wird. Ihre Sehnsucht nach der großen Liebe führt sie durch die Höhen und Tiefen des Lebens in Sardinien, wo sie den Mann ihrer Träume begegnet und gleichzeitig die Realität ihrer Vernunftehe akzeptieren muss.

Meine persönliche Auseinandersetzung mit diesem Buch begann, als ich es in die Hände bekam, doch wie es oft im Leben der Bücherliebhaber ist, kam es zu der typischen Situation, dass ich es auf den SUB legte. Die Geschichte fand schließlich ihren Weg zurück in meine Lesewelt und ich konnte nicht widerstehen, sie in einem Rutsch zu lesen, nachdem ich nur einen kleinen Einblick in die Kapitel geworfen hatte. Die Erzählung entführt mich in die Sardinien der 1940er Jahre und gibt mir einen Eindruck von den Herausforderungen, mit denen die Menschen während und nach dem Krieg zu kämpfen hatten.

Die Beschreibungen der Familie der Großmutter und deren Unverständnis für ihre Träume und Wünsche verdeutlichen die Konflikte zwischen Generationen. Ihre Reise zur Kur auf das Festland in den 1950er Jahren führt sie schließlich zu ihrer großen Liebe, dem Rudutsche, und ich werde Zeuge davon, wie sich die Erzählung um ihre Hoffnungen und Enttäuschungen rankt. Innerhalb der 136 Seiten werden viele bedeutende Themen angeschnitten, wie Armut, Migration und die Sehnsucht nach einem besseren Leben, ohne dass diese jedoch ausführlich vertieft werden. Trotz dieser Kürze habe ich die emotionalen Auswirkungen der Erzählung stark empfunden.

Während des Lesens schwankte ich zwischen Momenten des Apropos und der tiefen Rührung. Milena Agus gelingt es, Emotionen meisterhaft zu wecken, sodass ich oft innehalten musste, um die Gedanken zu verarbeiten. Auch wenn der gleichnamige Film aus dem Jahr 2017 eine interessante Adaption bietet, bleibt mir das Buch als das Medium, das mich am meisten berührt hat. Zum Schluss kann ich allen, die auf der Suche nach berührender Literatur sind, nur empfehlen, „Die Frau im Mond“ zu lesen. Die Publikation des DTV-Verlags aus dem Jahr 2009 ist zwar nur noch in Restauflagen erhältlich, doch ich wünsche mir eine Neuauflage, um auch künftige Leserinnen und Leser in den Bann dieser beeindruckenden Geschichte zu ziehen.

Liebes Kind

LITL670 [Podcast] Gefangen im Albtraum: Romy Hausmanns "Liebes Kind"

In dieser Episode widme ich mich einer ausführlichen Rezension des Thrillers „Liebes Kind“ von Romy Hausmann. Die Geschichte beginnt in einer fensterlosen Hütte im Wald, wo die Protagonistin Lena und ihre zwei Kinder unter strengen, überwachten Bedingungen leben. Ihre Daseinsweise ist stark reglementiert, von den Mahlzeiten bis hin zu den Toilettengängen, die alle minutiös vom Vater kontrolliert werden. Diese düstere Umgebung weckt den Unmut und das Schaudern, denn der Vater sieht sich als Beschützer, der seine Familie vor den Gefahren der Außenwelt bewahren muss. Doch als Lena und ihre Kinder eines Tages die Flucht ergreifen, steckt der Albtraum erst in den Anfängen.

Eindringlich schildert Hausmann das Grauen, das in dieser abgeschotteten Welt herrscht, und die grausamen Schicksale der Figuren entfalten sich in einem emotionalen Spannungsfeld. Die Charaktere Matthias, Karin, Lena (die tatsächlich Jasmin heißt) sowie die Kinder Hannah und Jonathan werden in ihren jeweiligen Perspektiven dargestellt, was die emotionalen Qualen und den inneren Konflikt verstärkt. Die Kinder werden durch ihre Lebensumstände gezeichnet, sie leiden unter einem Mangel an Normalität und Liebe. Die Blässe und das kindliche Unglück sind symptomatisch für die Isolation, die sie erlebt haben.

Ein zentraler Konflikt ergibt sich aus der Beziehung zwischen Matthias und seiner Tochter Hannah. Die Erkenntnisse über Familienbande und die Intensität technischer Details, die Hausmann schafft, bleiben im Gedächtnis des Lesers haften. Ihre meisterhafte Fähigkeit, Perspektiven zu wechseln und die innere Stimme jeder Figur zum Leben zu erwecken, macht es einfach, sich in die Geschichten hineinzuversetzen. Besonders prägnant wird dies in den emotionalen Reaktionen der Charaktere, als sie sich nach 4825 Tagen der Unsicherheit in der Beziehung zu ihrem entführten Kind konfrontiert sehen. Diese Szenen sind nicht nur spannend, sie sind auch aufwühlend, da man die Hoffnung und den Schmerz der Eltern direkt miterlebt.

Ein weiterer Gesichtspunkt ist die bemerkenswerte Darstellung von Jasmins Charakter, die durch ihre Ängste und den inneren Kampf eine Art von Mitgefühl und Verständnis erweckt. Ihr Weg zur Freiheit wird von Zweifeln und der Angst geprägt, erneut kontrolliert oder verletzt zu werden. Hannah, die 13-jährige Tochter, wird als heranwachsende Figur dargestellt, die zwischen der Abhängigkeit von ihrem Vater und der komplexen Realität der Welt um sie herum schwankt. Der Vater, Matthias, wird als eine belastende Figur wahrgenommen, die an seinen emotionalen Grenzen kämpft und oft nicht weiß, wo er Unterstützung finden soll.

Die Handlung des Thrillers ist reich an Wendungen und spielt mit den Erwartungen des Lesers, indem sie falsche Fährten und undurchsichtige Motive einführt. Diese Geschicklichkeit in der Erzählung macht es schwer, den wahren Täter zu identifizieren. Dies trägt zur Intensität der Lektüre bei und lässt einen zwiespältig zurück, denn man erkennt, dass oft mehr hinter dem äußeren Schein steckt.

Nicht zuletzt ist der Bezug zu den psychologischen Aspekten des Traumas und der Familienbande ein spannender Diskurs, den danke ich der Autorin Romy Hausmann für ihre außergewöhnliche Fähigkeit, diese komplexen Themen zu erkunden. Ich bin gespannt auf ihre zukünftigen Werke und darauf, wie sie weiterhin die Thriller-Landschaft prägen wird. „Liebes Kind“ bleibt ein fesselndes Werk, das nicht nur die Vorstellungskraft anregt, sondern auch die Herzen der Leser berührt.