Wem gehört der Islam

LITL624 [Podcast] Islam und Integration: Abdul Adhim Kamouss‘ Weg zur Verständigung

In dieser Episode sprechen wir über das Buch „Wem gehört der Islam?“ von Abdul Adhim Kamouss, einer bedeutenden Stimme im deutschen Islam, die sich von einer radikalisierten Vergangenheit zu einem Aufklärer gewandelt hat. Das Buch ist ein eindringliches Plädoyer gegen das Schwarz-Weiß-Denken und lädt dazu ein, die komplexen Strömungen des Islam und die Herausforderungen einer multikulturellen Gesellschaft zu betrachten. Kamoos, der einst als Popstar der salafistischen Szene galt, präsentiert hier seine Sicht auf den Islam und diskutiert Maßnahmen zur nachhaltigen Bekämpfung von Radikalisierung.

Das erste Kapitel des Buches entführt uns in Kamouss’ Jugend in Marokko und erläutert die verschiedenen islamischen Strömungen, die die Gemeinschaft prägten. Der Autor vergleicht diese Vielfalt mit den unterschiedlichen Pfadfinderbünden, um die Herausforderungen zu verdeutlichen, die das Verständnis für die Diversität innerhalb des Islams mit sich bringt. Diese Einführung mag für viele überwältigend wirken, ist jedoch essenziell für das spätere Verständnis der komplexen Themen, die Kamouss behandelt. Ein Überblick über die verschiedenen Strömungen ist notwendig, um die Verbindung und die Differenzen innerhalb des Islams richtig einordnen zu können.

Das zweite Kapitel beleuchtet Kamouss’ Ankunft in Deutschland und die Erfahrungen mit latenten Rassismus, die ihn prägen. Seine Schilderungen über den Umgang der Menschen im öffentlichen Raum, wie beispielsweise beim Busfahren, zeigen eindrücklich die Vorurteile, denen er ausgesetzt war. Diese persönlichen Erlebnisse geben uns Einblick in die Herausforderungen eines Migranten und wie Einflussfaktoren, wie der Umzug nach Berlin und das Studium, seinen Wandel vorantreiben. Kamouss wird im übertragenen Sinne vom „Saulus zum Paulus“ und verdeutlicht, wie dünn die Linie zwischen einem radikalisierten Individuum und aktivem, positivem Engagement ist.

Ein zentraler Punkt des Buches sind die Exkurse, in denen Kamouss auch über andere Figuren spricht, etwa über Deso dog, einen Rapper des IS. Hierbei wird klar, dass Kamouss zu einem Zeitpunkt, als andere ihn radikalisierten, selbst versuchte, als gemäßigter Imam zu agieren und Brücken zu bauen. Die von ihm geforderte Prävention vor Radikalisierung ist ein wiederkehrendes Thema, das nicht nur den Dialog zwischen Islam und Christentum, sondern auch mit dem Judentum umfasst.Kamouss zeigt, dass der Koran nicht gegen andere Religionen spricht und argumentiert für ein respektvolles Zusammenleben der unterschiedlichsten Glaubensgemeinschaften.

Das Buch regt dazu an, den eigenen Glauben zu hinterfragen und ein tieferes Verständnis für den Islam zu entwickeln. Kamouss fordert mehr deutschsprachige Angebote in Moscheen und betont, dass die Dialoginvitation nicht nur an Muslime gerichtet ist, sondern an alle Menschen, unabhängig von deren Religionszugehörigkeit. In einer Zeit, in der Vorurteile und Missverständnisse vorherrschen, bietet Kamouss’ Werk wichtige Perspektiven, die zum interreligiösen Dialog anregen.

Obwohl die Sprache des Buches anspruchsvoll und manchmal herausfordernd ist, bietet es einen einzigartigen Zugang zu einem Thema, das oft polarisiert. Es ist besonders für diejenigen geeignet, die einen differenzierten Standpunkt eines Imams suchen und einen tieferen Einblick in die Komplexität des Islams erhalten möchten. „Wem gehört der Islam?“ ist mehr als nur ein Sachbuch; es ist ein Aufruf zur Verständigung und eine Einladung, die Schattierungen im Glauben und zwischen den Gemeinschaften zu entdecken.

Ich Hanibal der Floh

LITL623 [Podcast] Mut und Abenteuer: 'Ich, Hannibal, der Floh' von Martin Grzimek – Eine Kinderbuchrezension

In dieser Episode widme ich mich der Kinderbuchrezension zu “Ich, Hannibal, der Floh”, geschrieben von Martin Grzimek. Das Buch erzählt die rührende Geschichte des kleinen Flohs Hannibal, der nach mehr im Leben strebt als nur das alltägliche Arbeiten im Flohzirkus. Von Beginn an spürt man Hannibals Unruhe und den Drang zur Freiheit, während er die bewunderte Attraktion ist und gleichzeitig das Gefühl hat, in einem goldenen Käfig zu leben. Seine mutigen Gedanken und Taten führen ihn schließlich dazu, dem Zauber des Zirkus zu entfliehen und den Schritt in die unbekannte Welt zu wagen.

Im weiteren Verlauf der Geschichte wird deutlich, dass das Leben außerhalb des Zirkus alles andere als einfach ist. Hannibal, nun ein kleiner Schädling in der großen weiten Welt, muss ständig aufpassen, nicht zerquetscht oder erschlagen zu werden. Diese Herausforderungen zeigen nicht nur seine Abenteuerlust, sondern unterstreichen auch die erhebliche Diskrepanz zwischen dem Bild, das er von der Freiheit hat, und der Realität, mit der er konfrontiert wird. Gleichzeitig wird seine Kreativität sichtbar, als er einen kühnen Plan schmiedet, um in seine vertraute Umgebung zurückzukehren.

Ich teile auch meine persönliche Sicht auf das Buch und seine Botschaft. Es ist bemerkenswert, wie Martin Grzimek es schafft, einen kleinen Floh zum Helden einer fesselnden Erzählung zu machen. Es geht darum, dass selbst die Kleinsten unter uns Großes bewirken können. Hannibals Fähigkeit, Kutschen zu ziehen oder kleine Aufgaben zu erledigen, hebt nicht nur seinen Charakter hervor, sondern dient auch als Botschaft für Kinder: Mut und Entschlossenheit sind entscheidend, egal wie klein oder unbedeutend man scheinen mag.

Die Kapitel sind so strukturiert, dass sie perfekt für das Abendlesen geeignet sind. Kinder können ein Kapitel auf einmal genießen, was die Interaktion zwischen Vorlesenden und Zuhörenden fördert. Dies zeigt sich auch in der Qualität der Illustrationen von Hildegard Müller, die nicht nur den Text unterstützen, sondern auch die Phantasie anregen. Die Bilder sind geschmackvoll und helfen, die Geschichte visuell zu bereichern, was besonders für jüngere Leser von Bedeutung ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass “Ich, Hannibal, der Floh” ein zauberhaftes Kinderbuch ist, das nicht nur unterhält, sondern auch wichtige Lektionen über Mut, Verantwortung und die Bedeutung von Regeln vermittelt. Das Buch ist für Kinder ab 9 Jahren geeignet und regt sowohl zum Selbstlesen als auch zum Vorlesen an. Es erinnert uns daran, dass auch die Kleinsten in der Lage sind, Herausforderungen zu meistern und ihre Träume zu verfolgen, und dass man oft durch die Augen und Erfahrungen anderer lernen kann. “Ich, Hannibal, der Floh” ist im dtv-Verlag im Jahr 2018 erschienen und kann nur noch als Restauflage ergattert werden.

Gezeitenspiel

LITL622 [Podcast] Zwischen D-Day und Gegenwart: Gezeitenspiel – Benjamin Cors packt zu

In dieser Episode dreht sich alles um “Gezeitenspiel”, den fesselnden Kriminalroman von Benjamin Cors. Der Klappentext verrät uns von einem mörderischen Wettlauf gegen die Zeit, in dem der Bodyguard Nicolas Goulart die zentrale Rolle einnimmt. Nicolas, ein Personenschützer der französischen Regierung, sieht sich mit einer bedrückenden Situation konfrontiert, als ein sterbender Mann versucht, ein Wort in den Boden zu ritzen – ein entscheidender Hinweis, der ihn zu geplanten Anschlägen anlässlich der Feierlichkeiten am 6. Juni in der Normandie führt. Die historische Dicke dieses Datums, das an die alliierten Landungen im Jahr 1944 erinnert, verleiht der Handlung eine zusätzliche Dramatik.

Es wird spannend, als Nicolas Hilfe von seiner überraschend wieder aufgetauchten Partnerin Julie erhält. Hierbei stellt sich die grundlegende Frage: Kann er ihr trauen? Der Plot entfaltet sich in einem düsteren Geflecht aus Freundschaft und Verrat, während Nicolas sich in einem Wettlauf gegen die Zeit und gegen mysteriöse, bedrohliche Kräfte wiederfindet. Die Brisanz des Themas wird durch die Verknüpfung mit historisch bedeutenden Ereignissen und aktuellen Bedrohungen verstärkt, die nicht nur fiktiv, sondern auch sehr real wirken.

In meiner persönlichen Rezension empfinde ich Benjamin Cors’ Stil als so fesselnd, dass man das Buch einfach nicht aus der Hand legen kann. Ich habe nun den dritten Band der Reihe erreicht und finde die Kulisse eines kleinen Dorfes in der Normandie ebenso spannend wie die vorherigen Handlungsorte. Interessanterweise weckte das Buch Erinnerungen an meinen Opa, der mir Geschichten vom D-Day erzählte. Diese Verbindung zwischen fiktiver Literatur und persönlicher Geschichte verlieh der Lektüre eine tiefere Dimension. Die Art und Weise, wie Cors historische Bezüge in die Handlung integriert, ohne einen Geschichtsroman daraus zu machen, ist bemerkenswert.

Der Krimi entfaltet sich mit einer dynamischen Erzählweise und bringt die Charaktere, einschließlich der Protagonisten Nicolas und Claire, in brenzlige Situationen, die oft das Herzstocken bringen. Besonders Claire, die mit ihrer sprunghaften und nervenden Art nicht nur Herausforderungen für Nicolas darstellt, verleitet den Leser zum Schmunzeln und Zögern. Mein persönlicher Geschmack schwankt zwischen den unterschiedlichen Charakteren, was zeigt, dass auch im fiktionalen Raum nicht jeder Protagonist Gewinner sein kann.

Ein weiterer Aspekt, der “Gezeitenspiel” auszeichnet, ist der ständige Zweifel und die Unsicherheit bezüglich der moralischen Cluster von Gut und Böse. Cors schafft es meisterhaft, graue Schattierungen in die Charakterzeichnung einzuflechten, sodass man bis zum Schluss mitfiebern muss, wer tatsächlich hinter den finsteren Machenschaften steckt. Diese Unsicherheit macht das Lesen zusätzlich spannend und stellt die Frage nach der Natur des Bösen und des Guten in den Mittelpunkt.

Mit jeder Seite werden nicht nur die plottechnischen Wendungen fesselnder, sondern auch das Fernweh wächst – besonders die Sehnsucht, die Normandie selbst zu besuchen. Das Buch hat mir ein ständiges Verlangen nach mehr eingepflanzt, welches sich nicht nur auf die Handlung erstreckt, sondern auch auf die landschaftliche Kulisse. Es sind spannende 445 Seiten, die durch eine packende Prosa und emotional belastende Situationen beeindrucken – man leidet mit den Charakteren und sieht nicht nur ihre Herausforderungen, sondern entwickelt auch eine Tiefe für ihre Kämpfe.

Mein Fazit? Benjamin Cors hat es geschafft, die Erwartungen an die Fortsetzung der Reihe hochzuhalten, und ich kann es kaum erwarten, die nächste Episode dieser spannenden Geschichte zu lesen. Mit jedem Band, den ich in dieser Reihe aufschlage, erlebe ich, wie, auch hier wie in der Realität, es nie nur Schwarz oder Weiß gibt. Der Autor hat sich einen besonderen Platz in meinem Bücherregal erobert, und ich freue mich schon auf Band vier, der demnächst erscheinen wird.

Die Akte Jacobi

LITL614 [Podcast] Zwischen Dramatik und Tiefe: Wie gut ist "Die Akte Jacobi" von Frank Uhlmann wirklich?

In dieser Episode widme ich mich der Rezension von “Die Akte Jakobi”, einem spannenden und packenden Thriller von Frank Uhlmann. Als Leser, der bereits mit den ersten beiden Bänden der Reihe vertraut ist, finde ich mich erneut in der Welt von Norman Jakobi und Katharina Beck. Der Klappentext des Buches zieht mich sofort in den Bann: Ein Aktivist kommt während einer Demonstration in Frankfurt ums Leben, und Gerüchte äußern, dass die Polizei dafür verantwortlich ist. Diese brisante Voraussetzung schafft einen direkten Spannungsbogen, der die Ermittlungen von Jakobi in Gang setzt.

Zu Beginn des Buches fällt es mir schwer, mich in die Handlung hineinzufinden. Uhlmann setzt stark auf Bezüge zu den vorherigen Bänden, und die Vielzahl an Verschwörungstheorien, die den Einstieg mehr belasten als erleichtern, ließ mich etwas skeptisch zurück. Doch nachdem ich mich entfaltet habe, wird es klar: Jakobi wird mit der brutalen Realität konfrontiert, als er ein Video erhält, das die Polizei beim Gewaltexzess zeigt. Diese Enthüllung stellt nicht nur sein Vertrauen in seine Freunde, insbesondere Kommissar Demandt, auf die Probe, sondern zwingt ihn auch dazu, die Motive und Loyalitäten der Menschen um ihn herum zu hinterfragen.

Die Figur Freddy, ein Bürgerrechtler, zieht Jakobi weiter in einen Strudel aus Misstrauen und Paranoia. Ich habe bei der Lektüre das Gefühl, als würde Freddy allzu eindimensional agieren, indem er die Polizeigewalt und die staatlichen Institutionen zu Schwarz-Weiß-Entitäten stilisiert. Diese Sichtweise, die oft populistisch wirkt, hat in meinen Augen der Wahrheit den Raum genommen. Die Realität ist oft nuancierter, und es wäre wünschenswert gewesen, dass Uhlmann mehr Facetten dieses Themas beleuchtet. Ich kann Jakobi manchmal nur die Sorgen und Fragen zurufen, die mir auf der Seele liegen, wenn ich ihn in diese verzweigte Situation beobachten. Warum läuft er immer wieder in solche Fallstricke?

Die Dynamik zwischen den Charakteren und die Schwierigkeiten, mit denen Jakobi konfrontiert ist, ziehen mich dennoch in den Bann. Frank Uhlmanns Schreibstil hat das Potenzial, mich trotz dieser kritischen Anmerkungen zu fesseln. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass er manchmal die zentrale Botschaft des Buches zugunsten von actionreichen Übergängen und dramatischen Wendungen verwischt. Während dies in einem Film hervorragend funktioniert, fehlt es einem Buch an der Möglichkeit, diese Momente wirkungsvoll zu gestalten, ohne dass die Geschichte etwas von der Tiefe verliert.

Insgesamt bleibt “Die Akte Jakobi” ein lesenswerter Thriller, der mit viel Spannung und Dramatik aufwartet, aber in einigen Aspekten von genaueren Charakterentwicklungen und Handlungsfokussierungen profitieren könnte. Ich finde es schade, dass die Veröffentlichungen im Abstand von zwei Jahren erfolgen, und hätte mir gewünscht, dass die Erzählung etwas flotter weitergeht. Oft bleiben somit Cliffhanger zurück, die zwar motivieren, aber auch frustrieren können. Die Hoffnung, dass Frank Uhlmann meine Lieblingscharaktere nicht in den Hintergrund drängt, bleibt, während ich bereits auf die Fortsetzung harre.