[Rezension] Privateigentum – Julia Deck
Inhalt:
Sie sind seit dreißig Jahren verheiratet und soeben umgezogen. Außerhalb von Paris haben die Urbanistin und ihr depressiver Gatte endlich ein hochmodernes Eigenheim erworben. Auch die neuen Nachbarn sind überglücklich. Und alle merken zu spät, dass ihre blitzsaubere Ökosiedlung in einer Sackgasse liegt …
Um es gleich vorwegzunehmen: Das Schicksal des roten Katers ist schrecklich. Aber das der übrigen Figuren in dieser bitterbösen Geschichte nicht minder.
Charles und Eva Caradec sind in die Vorstadt gezogen, um etwas Platz zu haben und im Grünen zu leben. Das Heizsystem wird aus erneuerbarer Energie gespeist, das Abwasser ebenso wie der Kompost recycelt. Und hinter den frisch verputzten Fassaden belauern sich die Nachbarn bald gegenseitig. Sie überwachen und strafen einander, es entstehen Intrigen und Affären. Die gemeinsamen Grillabende können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Versprechen dauerhaften Glücks nicht im Neubaugebiet liegt, und als eine Nachbarin spurlos verschwindet, scheint die Katastrophe unabwendbar.
Julia Deck komponiert genüsslich und grausam eine Handlung aus falschen Fährten und fragwürdigen Indizien, um den Leser gleichzeitig auf die Spur als auch in die Irre zu führen. Ein bitterböse-ironischer Nachbarschaftsroman über moderne Mythen.
Rezension:
Also mit dem Privateigentum in einem Neubaugebiet kann es immer wieder spannend werden. Vor allem für Menschen, die diese Nähe zu den Nachbarn nicht gewohnt sind, kann es kompliziert werden. Die wenigsten kennen doch ihre Nachbarn, wenn sie in einer Stadt wohnen. Gut, ich kenne mein gesamtes Umfeld im Haus und in der Nachbarschaft, was daran liegt, dass der Stadtteil in dem ich lebe eine gewisse dörfliche Struktur hat.
In meinem Heimatdorf kenne ich auch sämtliche Nachbarn die Straße rauf und runter. Wenn man dies wie Eva und Charles nicht gewohnt ist, dann kann das zu kleineren und größeren Problemen führen.
Viele Dinge lassen sich nicht so gut verheimlichen und wenn man etwas verheimlichen möchte, dann muss man sich wirklich etwas einfallen lassen, denn irgendjemand sieht sicherlich, wenn eine Frau bei einem Mann verschwindet, wenn sie sich treffen. Das Tratschen findet dann sehr schnell statt, spätestens wenn es das zweite oder dritte Mal gesehen wird.
Dass es aber zwischen den Parteien nicht zu Streit kommt, ist ein Mythos, der absolut falsch ist. Und wenn es erstmal knallt, dann kann es echt ätzend werden. Da geht es dann um cm, auch wenn der Architekt sogar der Bruder des Klägers ist.
Natürlich kann es passieren, dass der erste Tote ein Tier ist. In unserem Fall ist es ein Kater, der vielleicht etwas zu zutraulich ist. Relativ schnell kann auch erkannt werden, wenn die Frau und die Kinder nicht mehr da sind. Das führt natürlich zu noch mehr Tratsch.
Alles in allem zeigt Julia Deck sehr genau auf, wie so eine kleine Straße funktionieren kann, und dass man wirklich selten richtig alleine und unbeobachtet ist. Es ist ein kleines Geschenkbuch aus dem Wagenbach Verlag, welches sich vorzüglich als Geschenk für neue Nachbar eignet, wenn man schon weiß, dass diese einiges an Büchern ins Haus reingebracht haben.
Die Sprache der Autorin, oder auch der Übersetzerin Antje Becker, hat einen gewissen Anspruch, aber auch Charme, dem man sich, immer weniger entziehen kann je länger das Buch dauert, je mehr man in diese Wohngegend eintaucht.
Dazu der Leinenumschlag mit einer guten Bindung, die einem auch verzeiht, wenn es etwas länger als geplant offen daliegt. Wenn mir dies bei einem anderen Buch passiert wäre, wären sicherlich einige Seiten verloren gegangen. Keine Angst, ich behandele Bücher immer wie ein Schatz, nur kann einem auch mal das eine oder andere dazwischenkommen und desto mehr war ich doch erstaunt und bin nicht nur vom Inhalt und der Sprache, sondern zum wiederholten Male auch von der Verarbeitung begeistert.
Verlag: Wagenbach Verlag
ISBN: 978-3-8031-1356-6