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Uraufführungen oder Produktionen, die für ein bestimmtes Theater geschrieben wurde, haben immer wieder ihren ganz eigenen Reiz. Ich hatte da schon mal meine Erfahrung und die war durchweg positiv. So war ich auch diesmal gespannt und „Die Jury tagt“ ist ein Theaterstück für das und aus dem Hans Otto Theater in Potsdam. Geschrieben wurde es von Julia Schoch, einer Autorin, die ich schon immer mal lesen wollte. So kommt es nun anders als gedacht und ich durfte mir ein Theaterstück von ihr ansehen.

Als erstes erscheint ein Engel auf der Bühne. Er beobachtet schon länger die Menschen. Mascha Schneider spielt diesen Engel. Sie arbeitet sehr gut mit der Stimme und die Geräusche, die sie damit macht, bringen einen gleich in eine gewisse Atmosphäre.

Kurze Zeit darauf, sieht mal eine Gruppe von vier Menschen, die das Denkmals für die Friedliche Revolution 1989 auswählen sollten. Da ist zum einen Robert Gericke-Wysenthal, der Mäzen, der dieses Denkmal bezahlen soll, der von Joachim Berger gespielt wird.

Marion Grothmann, eine wie sie sagt führender Kopf der friedlichen Revolution die von Bettina Riebesel gespielt wird, hat ein persönliches Interesse an dem Denkmal, da sie damit ja auch ein Denkmal für sich selbst setzen möchte.

Moritz Böck ist der Sekretär des Ministerpräsidenten und, Entschuldigung, wenn das so sage, ein Schleimbeutel. Er versucht immer wieder es jedem recht zu machen, vor allem seinen Chef, und er findet alles sofort total toll. Er wird von Henning Strübbe gespielt.

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Komme ich nun zu Jenny Adler. Erstens kommt sie viel zu spät, zweitens erwartet sie immer, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen. Das wird schon nach den ersten Minuten sehr klar, als sie möchte, dass ihr Sohn, den sie gerade im Kindergarten abgegeben hat und der EINE Laus hat, von ihrem Mann abgeholt werden soll. Da dieser, oh, Wunder, noch arbeiten muss, soll es der 12jährige Sohn machen, den ihr Mann aus der ersten Ehe mitgebracht hat. Als dies nicht so klappt, wie sie es gerne hätte, sind wieder nur die anderen dran schuld. Gespielt wird diese Frau von Franziska Melzer.

Dass dies nur bedingt gut geht, und sich diese Personen, wenn sie länger an einem Platz sind, sicherlich in die Haare bekommen, wird einem schon sehr schnell klar.

Und dass sie länger zusammen sein werden, wird einem auch klar, da vor dem Gebäude in der Stadt eine Demonstration stattfindet, die immer lauter und brutaler wird.

Es ist spannend, wie die Personen sich bei dem Stück aneinander reiben und wie jeder irgendwie versucht, sein Schäfchen ins Trockene zu bringen. Jeder weiß es besser als der andere. Obwohl man sich schnell für ein Denkmal einigt, so ist man sich doch über die Ausführung oder Inschrift nicht gleich einig. Und überhaupt Kunst ist immer schwierig und Revolutionäre zu ehren, ist noch schwieriger. Bei jedem Findet man auch dunkle Flecken.

Alles in allem sind es kurzweilige 105 Minuten, die man vor seinem PC oder Fernseher verbringt. Wie immer gibt einem das Theater etwas zu denken und ich hinterfragte mich selbst. Wie würde ich reagieren?

Es ist für mich ein Stück, welches ich auch gerne auf anderen Theaterbühnen in Deutschland sehen würde. In Gießen z.B. könnte ich es mir im Tat vorstellen. Schwierig ist es für mich so oder so. Ich finde dieses Stück besser als „Der Vorname“ aus dem Hans Otto Theater, Dass ich Theater auch am PC oder Fernseher genießen kann, finde ich gut und Theaterschauspieler sind irgendwie immer ausdrucksstärker als die Schauspieler im Fernsehen.

Aber jedes Mal, wenn ich mir so etwas ansehe, wünsche ich mir, mein Sakko und ein Hemd angezogen zu haben, und dieses Theaterstück im Theater meiner Stadt anzusehen. Das Hans Otto Theater, oder auch andere Theater, machen es immer besser, aber ich wünsche mir und den Schauspielern endlich wieder Publikum und das gemeinsame Erleben und Leben der Kunst und Kultur, das Streiten und Diskutieren, das besondere Flair der realen Theaterwelt, aber Danke an alle Theater in Deutschland, die so etwas anbieten. Vielleicht sollte man das einfach auch als Möglichkeit sehen, andere Menschen fürs Theater zu begeistern, oder Menschen, die es nicht schaffen, aus Gesundheitlichen Gründen etc., an Kultur teilzuhaben, die Gelegenheit zu geben, so etwas wie diesmal „Die Jury tagt“ zu erleben, oder einfach auch um theaterfreie Zeit zu überbrücken, und vielleicht ein paar Einnahmen mehr zu generieren? Corona bringt meiner Meinung nach bei allem Negativen auch einen neuen Gesichtspunkt. Man sieht, wie erfinderisch Kultur ist. Vielleicht bleiben einige Dinge bestehen, aber nicht als Ersatz des realen, schönen und lebendigen Kulturlebens, sondern einfach als Ergänzung, denn mehr wird es nie sein!

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