Sofi Oksanen

Sofi Oksanen in Gießen! Seit ich das Theaterstück und auch das Buch kenne, ist das für mich eine wichtige Meldung. Erst recht, da ich angefragt wurde, ob ich Frau Oksanen interviewen würde.

Das Gespräch sollte in Englisch stattfinden und meine gute Freundin Heike, war erstmal nicht dabei, zumindest bei der Veranstaltung, nachher bei dem Interview war sie Gott sei Dank dabei.

Durch meine Arbeit bei der Kulturloge kenne ich ja mittlerweile einige Menschen beim Stadttheater und dem LZG und so sind für mich solche Veranstaltungen auch ein Treffen mit Menschen, die ich sehr schätze, was dann aber auch die Kritik schwerer macht. Aber ich versuche wie immer so ehrlich und fair wie immer zu sein.

Man kommt rein, wie immer mit ein paar Gesprächen und einem Hallo zu Menschen, die man kennt und schätzt. Das Kleine Haus war es sehr gut gefüllt und vor der Bühne standen links und rechts ein Tisch, wobei der rechte Tisch doch zusammen mit den Ohrensesseln und der Stehlampe wie ein gemütliches Wohnzimmer aussah.

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Auf der linken Seite, vom Zuschauerraum aus, war es ein normaler Tisch mit zwei Stühlen dahinter, dort setzten sich die beiden Schauspieler Ben Jansen und Zelal Kapçık des Stadttheaters hin. Zu den beiden sage ich gleich etwas. Begrüßt wurden wir diesmal von Anika Binsch, einer der beiden Geschäftsführerinnen des Literarischen Zentrums, und Lena Meyerhoff, Dramaturgin für zeitgenössisches Autorinnentheater des Stadttheaters Gießen.

Bild © Literarisches Zentrum Gießen

Auf diese schönen Sessel setzten sich die Autorin Sofi Oksanen und Sandra Binnert vom Literarischen Zentrum. Sandra Binnert führte durch den Abend und stellte wirklich sehr gute Fragen, Sofi Oksanen antwortete mit intensiven Ausführungen über das Buch, die Personen und das Weltgeschehen in einem klaren Englisch, dem ich sehr gut folgen konnte. Jeder der mich kennt, weiß, Englisch lesen oder hören geht immer, aber mit dem selbst reden oder noch schlimmer schreiben, da bin ich einfach raus.

Nun bin ich aber bei dem großen Kritikpunkt der Veranstaltung. Es sind nicht die Fragen von Sandra Binnert, sondern wenn man sagt man paraphrasiert, dann sollte man nach dem was Frau Oksanen gesagt hat, auch mal eine kurze Übersetzung in eigenen Worten wiedergeben. Ich kann mir vorstellen, dass dies schwierig ist, aber es erleichtert für andere die dem Englischen nicht so mächtig sind, doch das Verständnis. Ich würde nichts darüber schreiben, wenn sie es nicht vorab gesagt hätte, dass sie es machen werde. Leider war dies dann erst gegen Ende der Veranstaltung der Fall.

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Bild © Literarisches Zentrum Gießen

Dies war dann auch der einzige kleine Kritikpunkt. Ich habe mit allem gerechnet, sogar damit, dass Frau Oksanen selber ein paar Seiten auf Englisch lesen könnte. Ich habe mich mal wieder einfach auf die Veranstaltung eingelassen, so wie ich es immer gerne mache. Mit den Gedanken, das wird ein reiner englischsprachiger Abend lag ich allerdings doch etwas daneben. Die Lesung der beiden Schauspieler war wirklich gut und auf Deutsch. Ich für meinen Teil hätte gerne eine solche Stimme und könnte so gut betonen wie diese beiden.

Auch die Passagen der Lesung waren wirklich gut mit den Fragen und den Antworten abgestimmt. Es hat alles gepasst, von der Beleuchtung bis zum Ton war es einfach ein Genuss. Aber wenn man sagt man paraphrasiert, sollte man es machen. Ich würde einfach sagen: Mut zur Lücke! Wir alle sind nicht perfekt. Auch Frau Oksanen hat am Anfang mal kurz Olenka mit Daria verwechselt. Ich hatte schon kurz Zweifel an mir selbst, aber gerade so etwas macht einen Menschen nahbar. Ja, wir leben in einer Gesellschaft, die immer perfekt sein möchte, gerade bei Hundepark geht es ja auch mehr oder weniger darum, wenn man schon kein eigenes Kind zeugen kann, aus was für Gründen auch immer, dann muss es bei der alternativen Zeugung ein perfektes Kind sein. Aber gerade kleine Fehler machen das ganze doch erst so richtig sympathisch und schön. Und auch so kann man die Menschen begeistern. Ich bin mir zu 100% sicher, Sandra Binnert kann das viel besser als ich es jemals könnte. Zu meinen kleinen Fehlern komme ich gleich noch.

Für mich war alles sehr angenehm und spannend und ich konnte allem wirklich gut folgen. Ich finde die Stimme und das Englisch von Frau Oksanen sehr angenehm und ich kann jedem nur ans Herz legen, wenn sie in der Nähe ist, dann solltet ihr es euch ansehen. Sie ist eine schillernde und intelligente Persönlichkeit mit einem gewissen Esprit. Sie hat so vieles zu erzählen und zu erklären, über die Personen, die sie beschreibt, über das Unrecht und die Probleme, die in bestimmten Ländern zu erleben sind und sie kann das Ganze auch mit einer besonderen Note des Humors.

Ich bin ja immer wieder erstaunt, wie weit Phantasie und Wirklichkeit auseinander liegen können. Man stellt sich die Person vor, die das Buch geschrieben hat, und dann trifft man sie in der Realität. Das ist jedes Mal anders als ich es mir vorgestellt habe. Bei einem so ernsten Thema hatte ich eine so positive Persönlichkeit nicht vermutet.

Diese Reihe „Zu Wort kommen“ finde ich sehr spannend, denn ich glaube es ist wichtig, junge neue Autoren, die vielleicht nicht so auf dem Schirm der Öffentlichkeit sind, auf so eine Art zu präsentieren. Dies ist etwas, was man erleben sollte. Ich bin ja generell ein Fan des Literarischen Zentrums, besonders wenn es solche Autoren sind und auch sehr gerne mit Neuen Gesichtern. Dieser Mut ist wichtig und sollte auch immer belohnt werden. Genauso wie ich der Meinung bin, dass man der neuen Intendanz des Stadttheaters eine Chance geben sollte. Das Theater in Gießen ist politischer geworden ja, ich wünsche mir zwischendrin auch mal was Lockeres. Aber es ist auch mutiger und offener geworden. Es gibt immer wieder Extras, die einen Diskurs anregen sollen. Das gefällt mir.

Hundepark z.B. welches ja in der Ukraine spielt, wird für den Rest der Spielzeit mit ukrainischen Übertiteln versehen, für Flüchtlinge oder Ukrainer, die in Deutschland schon länger leben. Ich finde es gut, so etwas zu versuchen und zu machen.

Dass da Fehler passieren oder das nicht alles so ankommt, wie geplant, kann passieren, aber ich hatte ja vorhin gesagt: Mut zur Lücke. Nur wer nichts macht, macht keine Fehler, hat aber auch gleich verloren. Wie ich ja am Anfang geschrieben habe, passieren auch mir Fehler. Ich habe ein Interview mit Sofi Oksanen geführt und das Interview war auch klasse. Nur hatte das Mikrofonkabel einen Wackelkontakt wie ich festgestellt habe, als ich mir das Interview in der Nacht angehört habe. So ein Mist! Ich habe verdammt viel Hintergrundgeräusche auf der Aufnahme und zwar so viel, dass ich eher nichts mehr verstanden habe. Das Interview ist nun trotzdem online. Alles was Heike und Frau Oksanen gesagt haben ist zu verstehen, nur bei meinen Fragen gibt es ab und zu einen kleinen Aussetzer. Es war dann mehr Arbeit, aber es hat sich gelohnt und ich habe durch diese kleine Unachtsamkeit einiges gelernt. Und dies ist genau der Punkt: durch Fehler, die man macht, kann man lernen.

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Bild © Literarisches Zentrum Gießen

Dies ist mein Credo, egal bei was. Einen absolut perfekten Abend, oder ein perfektes Theaterstück, wer will das schon? Das Leben ist nicht perfekt und das ist gut so. Ich finde, das Stadttheater und das Literarische Zentrum sind nahezu perfekte Gastgeber. Frau Oksanen ist eine tolle Schriftstellerin und Mensch, zumindest das, was ich erleben durfte. Und diese Menschen, die Eizellenspende oder Leihmutterschaft und das perfekte Kind haben möchten, tun mir leid, denn gerade das Unperfekte macht einen tollen Abend oder eine tolle Veranstaltung und eine einzigartige Person aus. Und am besten Lachen wir zusammen über so etwas und versuchen, es das nächste Mal besser zu machen. Niemand ist perfekt!

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