Rigoletto

Das Stadttheater Gießen und Opern, das war ja schon in der letzten Spielzeit eine Reise wert, aber wie sieht es denn nun in der neuen Spielzeit aus? Ich war mit einer Freundin in der Oper, die noch nie im Stadttheater war und erst recht nicht in einer Oper. Ich hatte ein wenig Angst, dass es vielleicht doch etwas schwerer wird oder viel schwerer, wie z.B. der Sommernachtstraum in der letzten Spielzeit.

Ganz ehrlich, ich war ein wenig nervös, nicht wegen mir, sondern wegen meiner Freundin. Man kann ja auch Menschen das Theater mit einer Aufführung versauen, wenn man den Geschmack nicht gut trifft. Ich habe mich also innerlich vielleicht schon alleine sitzen sehen, nach der Pause, und war entsprechend angespannt. Wird es ihr auch gefallen?

Christian Förnzler hat diesmal die Einführung gemacht. Sie war sehr ausführlich. Er hat mal eben die komplette Geschichte erklärt und einem auch manche Zusammenhänge näher gebracht. Auch wenn er es gut gemacht hat, aber so ein paar Minuten kürzer wäre klasse gewesen, da sich danach doch immer ein kleiner Stau vor den stillen Örtchen bildet. Einfach eine logistische Thematik, zumal ich immer einen Blick auf die besagte Freundin werfen wollte, die aber irgendwie von dem Erlebnis Theater schon da recht eingefangen war.

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Frau Mecke entschuldigte sich dann, dass Clarke Ruth den Sparafucile wegen Krankheit nicht bei der Premiere geben konnte. Der Sänger, der stattdessen organisiert wurde, leider konnte ich mir seinen Namen nicht korrekt merken, hat dies wirklich ausgesprochen gut gemacht und hat sich in das Ensemble wunderbar eingefügt. Und ja ich konnte das Stadttheater verstehen, dass sie die Vorstellung nicht noch eine Woche, oder gar weiter nach hinten schieben wollte. Irgendwann muss auch mal eine Premiere gespielt werden. Und dieser Sänger, war eine wirklich gute Vertretung und ich hätte nicht gedacht, dass er erst kurz vorher angekommen war.

Der Herzog von Mantua wurde von Michael Ha gesungen. Wie ihr wisst, fange ich auch immer wieder Stimmen aus dem Zuschauerraum ein: „Ich fand ihn wirklich gut.“, „Nicht ganz so gut, wie bei Tosca aber doch sehr gut.“ Das waren unter anderem die Kommentare, die ich hörte. Eine Person, mit der ich mich über ihn unterhalten habe, fand ihn ein wenig unterkühlt. Kann man vielleicht so sehen, aber ich fand nun nicht, dass er abgefallen wäre. Mir hat er gut gefallen.

Grga Peroš, unser Bariton und Titelfigur Rigoletto, war immer wieder sehr schön zu hören und dafür, dass er bis vor ein paar Tagen noch keine Stimme hatte, kann man nur den Hut ziehen. Er hat diese Rolle wirklich mit Leben gefüllt. Ich habe ihm seine Gefühle und Gedanken zu jederzeit abgenommen. Er zog mich immer mehr in den Bann der Oper und ich musste immer weniger auf die Übertitel schauen. Anhand der Emotionen konnte ich gut ablesen, was auf der Bühne gerade passierte. Es war für mich vollkommen greifbar und dies lag wirklich zu einem großen Teil an Grga Peroš, aber auch an Annika Gerhards, die die Gilda gespielt hat. Ich halte es da mal mit der Freundin, die mit in Rigoletto war. So eine zarte Person und so viel Stimme und Emotionen konnte sie einfach nicht fassen. Und auch ich muss sagen, was für eine Stimme! Dazu auch diese Mimik und Gestik, immer wieder auf den Punkt genau. Ich kann mir beim besten Willen keine andere Gilda vorstellen, wie die, die sie da gegeben hat.

Bei dem Rest, kann ich nur sagen, war keiner dabei, der hinter den anderen zurückgefallen wäre, sondern sie waren wirklich alle gut. Was immer wieder gelobt wurde, war der Opernchor und ich muss sagen, ja das war schon ein besonderes Erlebnis, wie sich dieser Chor in das Gesamtkonstrukt eingefügt hat. Mit dem philharmonischen Orchester unter der Leitung von Andreas Schüller ist der Chor so oder so mittlerweile in meinen Ohren über jeden Zweifel erhaben.

Komme ich nun zu den Kostümen und dem Bühnenbild. Es war wirklich schön zu sehen, wie sich durch eine einfache Bewegung das Bühnenbild verändern konnte und man konnte sich auch wirklich mit ein wenig Fantasie vorstellen, dass dies genau das Schloss oder die Gegend sein konnte.

Auch an den Kostümen konnte man immer wieder erkennen, welcher Schicht die einzelnen Personen angehörten und auch wie dekadent manche Menschen da doch waren.

Amy Stebbins, die bei diesem Stück Regie geführt hat, würde ich gerne noch das ein oder andere Mal erleben, da sie ein sehr gutes Auge für die Personen hatte.

Ich stehe also mal wieder da und kann es nicht fassen. Da ist es wieder passiert: mir ist die Kinnlade nach unten gerutscht. Das Team des Stadttheaters kann Opern einfach gut. Dass mal eine Oper ein wenig verrutscht, ist kein großes Problem. Jeder hat einen etwas anderen Geschmack. Aber hier erlebt man es einfach immer wieder, dass etwas dargeboten wird, was einen vielleicht mal als Frankfurter dazu bewegen sollte, auch mal in die „Provinz“ zu fahren, und dort die Oper zu erleben. Diese Leistung braucht sich nicht zu verstecken!

Meine Bekannte, die heute das erste Mal im Theater war, ist vollkommen hin und weg gewesen. Sie ist normalerweise ein Mensch, der nicht mal fünf Minuten vom Handy getrennt sein kann und auch nicht mal ruhig sitzen kann, aber sie war so begeistert, dass sie einfach nur noch dagesessen hat und es nicht fassen konnte, wie Menschen so etwas darbieten können. Auch ich bin ein wenig hin und weg von dem heutigen Abend. Man könnte, wenn man will, natürlich das ein oder andere Haar in der Suppe finden, aber das wäre unangemessenes Nörgeln auf sehr hohem Niveau. Die stehenden Ovationen waren auch da noch zu erleben, als die Türen schon offen waren. Das spricht Bände! Es hatte sich schon während dem Stück angedeutet, wo jede kurze Pause für Applaus genutzt wurde, was komplett untypisch für die Oper ist.

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Ich sitze auch Stunden nach der Aufführung noch da und sehe dieses Leuchten in den Augen meiner Bekannten, die noch nie im Theater, geschweige denn Oper war, deren Deutsch noch ausbaufähig ist, aber die das Stück richtig verstanden hat, alleine dadurch, was auf der Bühne passiert ist und wie die Schauspieler gesungen haben. Da zeigt sich wieder deutlich, Musik ist eine internationale Sprache, die keiner Erklärung bedarf – sie geht direkt ins Herz.

Für mich ein Abend, den ich so nicht mehr vergessen werde und meine Bekannte auch nicht. Sie hat mich noch auf der Heimfahrt gefragt, wann wir das nächste Mal ins Theater gehen. Für mich kann Rigoletto noch eine lange Zeit in unserem schönen Stadttheater zu Gast sein, sie vielleicht auch?

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