Der Troubadour

[Oper] Von der Einführung bis zur letzten Note: „Der Troubadour“ überzeugt auf ganzer Linie

Es stand eine Verdi Oper auf dem Programm und zwar „Der Troubadour“. Also ab ins Stadttheater Gießen. Ann-Christine Mecke machte diesmal die Einführung und die Feststellung der letzten Wochen wurde bestätigt: die Anlage im Foyer ist richtig gut eingestellt. Gut, man sollte vielleicht ein wenig leiser sein, aber das kann der Veranstalter nicht beeinflussen.

Frau Mecke erklärte, dass die Oper auf ein Ereignis aufbaut, welches fünfzehn Jahre vorher geschah. Die Mutter von Azucena wurde als Hexe verbrannt. Sie forderte ihre Tochter beim Verbrennen auf, dass sie sie rächen solle. Also entführte Azucena das Kind des Grafen Luna und will es verbrennen. Diese Situation löste allerdings wohl eine Art Flashback aus und sie warf ihr eigenes Kind in die Flammen, statt dem Kind des Grafen Luna. Wie Frau Mecke berichtete würde man heute vermutlich von einer posttraumatischen Belastungsstörung sprechen. Da sind Realitätsverluste und auch das Gefühl wieder in der Traumasituation zu sein nicht ungewöhnlich. Als Gesellschaft könnte man aber auch darüber nachdenken, warum wir auch heute noch das Verbrennen des Kindes durch (s)eine Mutter mehr Entsetzen über die Täterin auslöst, als die Verbrennung einer Frau basierend auf Aberglaube.

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    Copyright: Robert Schittko

Es wurde auch erklärt, was man sich bei dem Bühnenbild gedacht hat und warum man das Wort „Zigeunerin“ nicht gestrichen hat. Manchmal ist es einfach so, dass man etwas verdeutlichen möchte. Das Wort ist vielschichtig. Es kann im poetisch, fast romantisch-verklärten Kontext für eine Gruppe von Menschen, die außerhalb des aktuellen gesellschaftlichen Normenbereichs bewegen, aber auch als Schimpfwort. Beides findet sich in dieser Oper. Einmal in der Selbstbezeichnung durch Azucena, aber auch in den Anfeindungen des Grafen und seiner Gefolgsleute. Das zeigt einfach, dass man manche Dinge einfach stehen lassen muss und man es auch erklären kann, ohne dass man seine Werte verrät. Genau deswegen ist es immer wieder wichtig die Einführung mitzumachen. Man bekommt Informationen, die man sich nicht so einfach holen könnte und man versteht das, was man sieht doch viel besser. Diese 30 Minuten sind, egal bei welcher Veranstaltung im Stadttheater, etwas, was man mitnehmen sollte.

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Man bekommt Infos zu den Künstlern und auch mal so einen „Nebensatz“, dass über 100 Kostüme für die Aufführung verwendet werden.

Auch die vier Zeuginnen wurden erklärt. Sie liefern immer wieder kleine Erklärungen, damit man weiß, was während der Zeit passiert ist, die auf der Bühne übersprungen wurde. Sie wurden hinzugefügt, um es dem Zuschauer etwas leichter zu machen, da man über den „Troubadour“ oft sagt, er sei wegen seiner komplexen Handlung schwer verständlich. Ich muss sagen, dank der Übertitel geht es schon ganz gut, aber die die vier Zeuginnen, die mich irgendwie an die griechischen Moiren erinnerten, auch wenn das nur drei sind.

Frau Mecke informierte auch wieso Andreas Schüller durch Jan Croonenbroeck, vertreten wurde und das vorweg, es war eine Glanzleistung von Orchester und Dirigent. Mit Jan Croonenbroeck war es, als wäre er immer der Dirigent. Es war eine grandiose Leistung jedes Musikers. Dennoch hoffe ich, dass Andreas Schüller bald wieder fit ist.

Die ersten auf der Bühne waren die vier Zeuginnen: Natascha Jung, Antje Tiné, Olga Wallenhauer und Sora Winkler. Die Art wie die vier einen mitnehmen und bestimmte Punkte der Geschichte hervorheben, die für das Verständnis der Oper wichtig sind, ist hervorragend. Sie machen dies in einer Sprache, die sich genau in die Sprache der Oper eingefügt hat.

Als erstes lernt man dann Ferrando kennen, der von Clarke Ruth gespielt und gesungen wird. Ferrando ist ein enger Mitarbeiter von Graf Luna, der von Grga Peroš dargestellt wird. Aber erstmal ist Ferrando mit dem Chor auf der Bühne. Da war mir schon klar, das wird heute ein toller Abend. Diese Kraft der Männer im Chor war wirklich krass. Die Klarheit der Stimmen und dieses Zusammenspiel war hervorragend.

Leonora, die von Julia Araújo gesungen wurde, im Zusammenspiel mit Ines, die Maya Blaustein gesungen hat, harmonierten perfekt miteinander. Keine der beiden hat die andere an die Wand gesungen. Das ist ja eine Angst, die ich vor allem bei Sopranistinnen immer habe, da diese einfach eine kräftige Stimme haben. Es war einfach toll. Dass Julia Araújo in meinen Ohren immer wieder etwas Besonderes hervorruft, ist ja bekannt. Maya Blaustein war mir bis jetzt noch nicht untergekommen, aber auch sie hat so das besondere Etwas.

Die Mezzosopranistin Julia Rutigliano singt Azucena, die Mutter von Manrico und Tochter der verbrannten Hexe. Sie würde ich gerne noch das ein oder andere Mal bei uns in Gießen begrüßen. Mit welcher Energie sie Azucena singt ist einfach hervorragend. Teilweise konnte man durch das Licht auch den Gedanken bekommen, dass sie auch wirklich leicht verrückt ist. Da hat einfach alles gestimmt. Insgesamt ha die Beleuchtung die Emotionen der Figuren hervorragend unterstützt.

Es passte wirklich alles ineinander. So auch bei ihrem Sohn, Manrico, der von Michael Ha gesungen und gespielt wird. Michael Ha finde ich ja schon länger richtig gut, aber er wird immer besser, vor allem im Duett mit Julia Araújo. Ich würde den beiden immer alles abnehmen, wenn sie zusammen singen. Die Stimmfarbe der beiden ist einfach schön. Im Zusammenspiel ergänzen sich die beiden perfekt.

Dies war eigentlich den ganzen Abend so, dass ich jedem auf der Bühne die Gefühle abgenommen habe. Sie überzeugen in den dargestellten Personen. Schmunzeln mussten ich und Heike, als sich die Leute von Graf Luna, der Opernchor, im Anzug auf die Einnahme der Burg vorbereiteten und dabei von blutbefleckten Schwertern sangen. Die Situation war schon bizarr und skurril. In der Burg befanden sich auch Manrico und Leonora als Verteidiger. Graf Luna präsentiert sich als eifersüchtiger reicher Mann, der glaubt seine Macht sei dadurch endlos. Er kann nicht akzeptieren, dass die Frau, die er liebt, jemand anderen liebt.

Nicht nur die Männer des Opernchors haben ihre Highlights, auch die Frauen sind, z.B. als Nonnen, einfach ein Genuss. Dies wurde perfekt durch Bühnenbild und die Kostüme ergänzt. Es ist zwar alles modern, aber vollkommen logisch und unterstützt die Emotionen der Musik. Die Farbe Gelb war am Anfang immer präsent, weil sie rein und fröhlich ist. Sie übertüncht auch die Grauen der Realität des Krieges. Doch immer mehr kommt auch die schwarze Farbe zum Vorschein. Es wird viel mit Licht gespielt und so Stimmungen erzeugt.

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    Copyright: Robert Schittko

Ich weiß nicht, wo das noch hinführt. Ich bin vollkommen hin und weg von dieser Oper und die Standing Ovations im Stadttheater haben Bände gesprochen. Mein Ratschlag ist immer wieder: besuchen sie das Stadttheater Gießen! Hier bekommen sie etwas geboten, was man in einem Theater außerhalb der Metropolen so nicht erwartet.

Es wird dieses Jahr noch eine Premiere im Musiktheater geben und ich bin schon jetzt auf „Wintergreen for President! (Of thee I sing)” gespannt.

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