Asia Safikhanova

[Konzert] Bernhard Rombergs Flötenkonzert: Wenn eine Solistin im Stadttheater Gießen die Bühne erobert

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Es stand mal wieder ein Sinfoniekonzert an. Das war für mich der Start in die Konzertreisen der Spielzeit 2025/2026. Diesmal war ich besonders neugierig, da ein Flötenkonzert anstand mit unserer Solo Flötistin: Asia Safikhanova.

Die Einführung hat diesmal Leonard Lampert gemacht. Er versuchte, uns die Komponisten des heutigen Abends näher zu bringen. Wobei ich alle drei Komponisten kannte. Ich war mir am Abend noch nicht so sicher, aber Emilie Mayer sagte mir etwas, genauso wie Romberg. Aber zumindest bei Romberg lag ich falsch. Der Komponist, den ich kannte, war nicht Bernhard Romberg, sondern Andreas Romberg, sein Cousin. Also dicht dran. Mir war nur Romberg in Erinnerung. Manchmal spielt mir mein Gedächtnis auch Streiche. Heute beim 2. Sinfoniekonzert wurde Bernhard Romberg gegeben. Er war eigentlich als Cellist bekannt und nicht als Komponist. Umso erstaunlicher, dass er ein Konzert für Flöte geschrieben hat. Genau darauf wurde auch in der Einführung eingegangen.

Es wurde auch noch mal auf das Stück von Brahms eingegangen und auf den Jungen Brahms hingewiesen.

Das Konzert startete mit Emilie Mayer und ihrer „Ouvertüre D-Dur“. Die rief ganz andere Emotionen in mir hervor, als die Ouvertüre zu „Faust“ op. 46 in der Spielzeit 2023/2024, die ja bei mir ein Déjà-vu hervorgerufen hat. Diesmal habe ich die Musik einfach nur genossen. Diese Tempowechsel und die Kraft die zwischendurch immer wieder von den Musikern verkörpert wurde, war einfach schön, dazu die Streicher und immer wieder die Triangel, die einfach dem Ganze in den ruhigen Passagen trotzdem eine gewisse Lebendigkeit gegeben hat.

Dazu die kleinen Unterhaltungen zwischen den Holzbläsern, welche in meinen Ohren mal wieder gezeigt hat, warum ich mir so etwas gerne live anhöre und sehe. Es ist so oft der Fall, dass ich mir ein Stück aus der Konserve anhöre und dann im Konzert merke, dass mir vorher das besondere gefehlt hat. Dann höre ich es von unserem Philharmonischen Orchester und es berührt mich.

Ich dachte also, nach Emilie Mayer kann es nicht mehr besser werden, denn Bernhard Romberg ist ja eigentlich Cellist und dann will er ein Flötenkonzert komponieren?

Asia Safikhanova

Asia Safikhanova betrat also die Bühne und machte sich fertig für ihr Solo. Jetzt bin ich ja schon ein wenig verwöhnt was gerade unsere Solo Flöte, genauso im Übrigen wie die Klarinette, in den letzten Spielzeiten so gespielt hat. Das Orchester setzt also ein und nach ein paar Takten setzte eine etwas nervöse Asia Safikhanova ein. Ich hatte das Gefühl, dass sie bloß nicht ihren Einsatz verpassen möchte. Mein erstes Gefühl war, dass Bernhard Rombergs Flötenkonzert h-Moll op. 17 mich schon da abholte. Ja, der Cellist kann ein Flötenkonzert schreiben – zumindest aus der Sicht des Zuhörers. Was die Solistin über den Satz und die Sprünge denkt, mag ein anderes Thema sein.

Dann kam der Einsatz von Asia Safikhanova. Erstens ich habe mir beim Blick auf ihre Finger bei ihr schon die Finger gebrochen oder verknotet. Dazu wurde jeder Ton noch mit einer unglaublichen Kraft und Präzision gespielt. Er ist mit einer Substanz versehen, wie ich es mir nicht hätte besser wünschen können. Ich habe einige Fragen bei dieser Flötistin, die ich mir bei vielen klassischen Musikern stelle. Wie kann man so schnell Noten lesen und spielen und es dabei so spielerisch leicht klingen lassen, dazu eine solche Ausstrahlung zu haben, dass alles einfach ist und mit einem Lächeln selbst schwierigste Stellen zu umschiffen?

Das Orchester hat die Solistin mit einem fluffigen Klangteppich unterstützt, der diese klangliche Leichtfüßigkeit des Werkes noch unterstrich. Dem hätte ich noch die ein oder andere Stunde lauschen können.

Dass die Solistin einen langen, wirklich langen, Applaus bekommen hat, versteht sich ja von selbst. Aber die Zugabe, welche sie gegeben hat, war auch einfach schön. Ich sitze nun schon seit Stunden da und überlege, wie das Stück noch mal hieß. Und ich komme nicht drauf, aber ich kenne es! Jedoch nicht in dieser Art und Weise, wie es von Asia Safikhanova mit ihrer Flöte zusammen mit dem gezupften Kontrabass dargeboten wurde. Es hatte etwas Klassisches durch die Flöte und durch das Zupfen des Kontrabasses hatte es einen besonderen jazzigen Touch.

Ich war nach dem ersten Teil wirklich komplett hin und weg! Ich habe zwei Komponisten erlebt, wie ich es so intensiv und schön lange nicht mehr erlebt habe.

Kommen ich nun zu Johannes Brahms und dem Stück „Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11“. Da war Brahms noch sehr jung und hatte noch keine Sinfonien geschrieben.

Aber es war auch wieder schön. Es hat sich wirklich gut in den Abend eingegliedert und es war wieder mit kleineren Überraschungen versehen. Was mich überrascht hat, waren wieder die Flöte und die Klarinette. Es war ein schönes Zusammenspiel, aber da war noch etwas Anderes, es war eher das Zusammenspiel mit anderen Holzblasinstrumenten. Besonders hat mich da das Fagott ein wenig überrascht, dazu noch die Streicher und auch das Blech, die alle in dieser Serenade ihren besonderen Moment hatten. Ich versuche mir gerade das Stück ohne bestimmte Instrumente vorzustellen, aber es würde nicht wirken. Jedes Instrument war gleichermaßen wichtig für die Gesamtwirkung

Da bin ich nun also bei Wirkung der Musik. Es wirkt auf mich immer wieder besonders, mir ein klassisches Konzert anzuhören. Aber die besondere Ausstrahlung, das Erleben geht nur live, wenn man vor den Musikern sitzt, wenn man sieht wie sie arbeiten und es genießen, für das Publikum zu spielen.

Ich wünsche mir immer wieder, dass die Konzerte richtig voll sind, dass man keinen freien Platz mehr bekommt. Aber was ich mir noch mehr wünsche ist, dass die Menschen die Musik genießen und sie nicht mit dem Smartphone aufnehmen, sondern sie in ihr Herz hereinlassen, es erleben, wie die Musik in einem Menschen wirken kann, wenn man sich mit Haut und Haaren darauf einlässt.

Genauso wie ich mir wünsche, dass die Menschen ihr Telefon ausmachen und es sind nicht immer die Jungen Menschen, die das Smartphone anlassen, sondern immer häufiger auch die älteren Mitmenschen. Ein Konzert ist etwas was einen Menschen erden, herunterholen kann nach einem anstrengenden Tag oder auch Woche. Lasst das Smartphone doch einfach mal zuhause. Man muss nicht immer erreichbar sein. Man muss Kultur genießen, auf sich wirken lassen, besonders wenn einem ein besonderes Konzert im Stadttheater Gießen angeboten wird. Probiert es einfach einmal aus. Ihr werdet überrascht sein, was man da alles erleben, sehen und hören kann.

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2 Kommentare

  1. Herrlich! Dieser Bericht ist ja ein Fest für die Sinne – und das Gedächtnis des Autors, das tut sich manchmal echt die Gedanken! Romberg, der Cellist, der ein Flötenkonzert schreibt – das ist ja, wie Romberg, der Flötist, der Cellist spielt! Manchmal wünschte ich mir, die Flötistin hätte auch mal ein Nervenzittern gezeigt, statt diese unglaubliche Kraft. Und ja, Konzerte im Stadttheater Gießen – da wird man wirklich verwöhnt, wenn man nicht ständig auf dem Smartphone schaut! Nur die Frage: Hatte der Autor nach dem Konzert auch das Gefühl, sein Gedächtnis zu verlieren?

  2. Herr Markus, ich find Ihren Konzertbericht einfach nur herzlich! Manchmal glaub ich, mein Gedächtnis spielt mir auch so manche Streiche, besonders wenn es um Komponisten geht – fast so seltsam wie bei Ihnen und Bernhard Romberg! Ihre Beschreibung, wie Sie die Finger der Flötistin brechen oder verknoten, bringt die Nervosität auf humorvolle Weise rüber. Und ja, die Frage nach der Kraft und dem Lächeln ist berechtigt – das ist ja quasi die Flöten-Superkraft! Ihre Sehnsucht nach vollen Zuhörern ohne Smartphones ist absolut verständlich, die Konzentration ist ja manchmal wirklich eine Herausforderung, besonders wenn man auf ein Konzert wie dieses schaut. Toll, dass Sie so ehrlich über die Wirkung der Musik schreiben – lasst uns nur hoffen, dass die Menschen das auch zu Herzen nehmen!

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