[Theater] Nathans Kinder – Aus dem: Hans-Otto-Theater Potsdam
„Der Vorname“ aus dem Hans-Otto-Theater in Potsdam war schon ein guter Einstieg ins Online-Theater. Auch wenn es da ja kleine Probleme mit dem Ton gab und man stellenweise gemerkt hat, dass es „nur“ eine Probe war, welche man aufgezeichnet hat, war es doch sehr schön und somit freute ich mich nun auf ein weiteres Stück.
Diesmal bin ich wieder im Hans-Otto-Theater, nur heißt das Stück „Nathans Kinder“. Es spielt in Jerusalem, der Stadt, in der drei der Weltreligionen ihr gemeinsames Zentrum haben, und um die diese Religionen immer wieder kämpfen. Und ganz ehrlich, mit Ruhm bekleckern sich alle nicht. Da ist es egal, ob es das Judentum ist, oder halt die Moslems und die Christen, alle haben auf der einen oder der anderen Seite versucht, ihren Vorteil aus allem zu ziehen und die anderen zu verdrängen.
Das Theaterstück spielt in der Zeit der Kreuzzüge. Kurt, ein Kreuzritter, wird vom Sultan begnadigt, sprich er bekam nicht, wie alle anderen Kreuzritter den Kopf abgeschlagen, sondern wurde am Leben gelassen! Durch diesen glücklichen Umstand konnte er Recha, die Tochter des reichen Juden Nathan, der gerade auf einer Geschäftsreise war, aus einem brennenden Haus retten.
Recha verliebte sich Hals über Kopf in den Kreuzritter Kurt. Nathan hatte jedoch etwas dagegen, da er selbst sieben seiner Kinder durch Kreuzritter verloren hatte.
Recha und Kurt werden immer mehr zum Spielball des Sultans und des Bischoffs, die beiden Nathan umbringen am liebsten wollen, da dieser ja „nur“ ein Jude ist.
In den 70 Minuten passiert sehr vieles, und es ist total kurzweilig. Diesmal gibt es keine Tonprobleme. Die Kameraführung ist sehr angenehme und die Schauspieler, vor allem Charlott Lehmann als Recha, wirklich ausdrucksstark, aber auch Joachim Berger als Nathan und besonders Paul Wilms als Kurt, den Kreuzritter, würde ich gerne wieder und wieder sehen.
Alle fünf Schauspieler schaffen, es zusammen eine spannende sehr kurzweilige Story intensiv zu verpacken.
Was das Bühnenbild und die Kostüme betrifft, ist es wie so oft – modern statt klassisch. Das Stück spielt in der Zeit der Kreuzritter, aber der Kreuzritter hat ein Maschinengewehr statt eines Schwerts. Die Kleidung ist modern, aber nicht ausgeflippt, alles passt irgendwie zusammen. Man könnte also auch sagen, dass dieses Stück die Transformation aus dem Mittelalter ins heutige Jetzt geschafft hat.
Und es ist ja nicht so, dass dieses Thema nicht heute noch mindestens genauso wichtig ist, wie damals. Man feindet sich noch immer an, dabei gibt es doch so viele Gemeinsamkeiten der Religionen. Muss man sagen: das ist ein Jude, Moslem oder Christ? Kann man nicht einfach sagen, der da Gegenüber ist ein Mensch. Warum kann man nicht friedlich miteinander leben und voneinander lernen?
Vielleicht schafft es ja so ein „kleines“ Theaterstück, ein wenig zur Verständigung zwischen diesen Gruppen beizutragen. Mich würde es freuen, denn vielleicht ist der Mensch, der da gegenüber steht nicht ein Jude, sondern ein Christ, oder der Kreuzritter ist in Wahrheit ein Moslem und nur durch Zufall und eine Verkettung bestimmter Umstände ein Kreuzritter geworden. Wer weiß das schon? Warum sollte man also nicht den Anderen vernünftig behandeln und mit einem gewissen Respekt umgehen.
All dies sind Fragen, die ich mir momentan stelle, die dieses Theaterstück in mir aufgeworfen hat und irgendwie bin ich dankbar, dass ich dies kennenlernen durfte. Auch Corona hat so seine Vorteile und ich denke, auch ihr werdet, wenn ihr mit offen Augen durch das Internet streift, den ein oder anderen Stream oder dass ein oder andere Theater kennenlernen. In diesem Sinne, haltet Augen und Ohren offen und schaut euch Kultur an. Es gibt sie mit jedem Mausklick zu finden und jeder Künstler hat es verdient, gesehen zu werden.