[Rezension] Cyberpsychologie – Catarina Katzer
Klappentext:
Die Geheimnisse unseres Verhaltens im Netz
Der virtuelle Raum ist zu einer zweiten Lebenswelt geworden, in der man agiert, reagiert und selbst neue Inhalte produziert. Alle Facetten menschlicher Erfahrungen und Verhaltensweisen finden sich hier nicht nur wieder, sondern werden gelenkt und verstärkt, im Guten wie im Bösen. Das Internet verändert unsere Denkstruktur. Ob Selftracking, Lovenomics oder Sharing Economy – digitale Wahrnehmungsfehler und virtuelle Fremdbestimmung beeinflussen Ich-Kultur, Gemeinschaftserleben und Emotionen.
Wir brauchen die richtige Balance zwischen Allmachts- und Ohnmachtsgefühlen, zwischen Chancen und Risiken, zwischen Selbstobsession und Selbstoptimierung. Wir müssen mehr über »Cyberpsychologie« wissen. Wir brauchen eine neue Medienethik. Denn wir können selbst darüber entscheiden, wie unsere digitale Zukunft aussehen soll.
Rezension:
Das ist mal wieder ein Sachbuch, wo man so richtig streiten kann. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich bei einer Lesenacht im Büchertreff dabei war und ich gerade bei dem Kapitel über das Lesen mit einem E-Book Reader war. Dort schreibt die Autorin, dass man bei einem E-Book Reader eher weiter nach unten scrollt bis endlich etwas passiert, als dass man bei einem Buch vorblättert.
Da entbrannte eine kleine Diskussion, ob das nun wirklich so ist, oder ob sich die Autorin da vielleicht etwas vertut. Und was soll ich sagen, ein paar haben das dann auch festgestellt, dass sie die elektronische Ausgabe vielleicht doch etwas schneller lesen und auch teilweise überfliegen. Andere wiederum sagen, dass es bei ihnen das Lesetempo gleich schnell ist, egal ob elektronisch oder nicht. Nichts desto trotz, ich mag einfach meine gedruckten Bücher wesentlich mehr wie die elektronischen.
Frau Katzer bringt auch immer wieder Beispiele, warum das Internet und das Smartphone konstant unsere Denkstruktur verändern. Das liegt einfach an der Tatsache, dass man im Internet immer wieder jemanden erreich, und dass man sich ja Sie stellt auch dar, wie unser Internetkonsum in bestimmte Bereiche Einfluss nimmt – sogar in die vorhandenen Strukturen unserer Gesellschaft. Da wäre zum einen UBER, wo man sich ein Taxi von einer Privatperson bestellen kann. Die Leute sind nicht bei UBER angestellt, sondern sie arbeiten auf eigene Rechnung. Dadurch wird aber auch der Tarifvertrag ausgehebelt, da diese Menschen wesentlich weniger verdienen wie unser gesetzlicher Mindestlohn. Und unsere Taxis, die teurer sind, werden so vielleicht mal aus der Stadt verschwinden. Es gibt aber z.B. die App Mytaxi, die eigentlich das gleiche erreicht, aber eng mit den Taxiunternehmen zusammenarbeitet. Nur ist sie nicht so bekannt wie UBER.
Da wäre auch das Unternehmen airbnb wo teilweise in Berlin ganze Häuserblocks an Übernachtungsgäste vermietet werden, da man dadurch wesentlich mehr Geld verdienen kann, als wenn man die Wohnungen dauerhaft vermietet.
Oder nehmen wir doch mal den Bereich Lovenomics, also da wo es um die Liebe geht, mit dem Unternehmen Tinder. Es gibt viele Paare, die streiten sich nicht mehr oder versöhnen sich, da ja bestimmt etwas viel passenderes gibt, als den Mann oder die Frau, die mir da gegenüber sitzt. Mal sehen was Tinder oder die anderen Singlebörsen mir da anzubieten haben. Das Problem ist aber einfach, dass die Algorithmen den statistisch passendsten Partner raussuchen. Und wie sagt meine Oma immer so gerne, Gegensätze ziehen sich an und wenn ich so überlege hat dieser Spruch meiner Oma auch immer seine Daseinsberechtigung in meinen Beziehungen gehabt.
Schauen wir uns mal WhatsApp an – also die Sache, die uns 24/7 erreichbar macht. Wie oft sehen wir denn darauf, ob sich schon etwas ereignet hat, auch wenn wir gerade im direkten Gespräch sind. Wie oft kommt es vor, dass wir nachsehen was da gerade bei WhatsApp oder auch bei Facebook passiert, wie viele Likes wir erhalten haben oder ob der, dem wir vor ein paar Minuten eine Nachricht geschrieben haben, schon geantwortet hat. Ok, das schreibe ausgerechnet ich, wo es bei mir doch mal passieren kann, dass man bei Facebook oder WhatsApp mal locker ein paar Tage oder eine Woche auf eine Antwort warten kann. Aber ich stelle dies doch immer wieder gerne fest, wenn ich mich so in meinem Umfeld umschaue.
Das sind immer nur kleine Beispiele, die ich hier aufgeführt habe. Man kann jetzt natürlich sagen, die Autorin findet alles nur schlecht, aber das stimmt nicht. Es geht nicht mehr ohne Internet. Es ist die Erfindung, die uns momentan am meisten prägt.
Frau Katzer zeigt nur auf, wie diese ganzen Dinge unser Denken und unser Tun verändert haben. Sie schildert, wie es ist – was sich bei uns verändert. Sie beschreibt, dass wir immer mehr zum Ich werden und immer weniger an das Wir denken. Ich selbst fand das Buch recht anstrengend, da ich mich immer wieder hinterfrage habe mit dem was ich tue und wie ich im Netz agiere. Mich hat es einfach sehr berührt, da ich mich doch des Öfteren in dem, wie ich mich so im Netz gebe, in dem Buch doch wieder gefunden habe. Irgendwie hofft doch jeder auf Aufmerksamkeit – im realen Leben genauso wie im Netz.
Alles in allem ist es ein Buch, das zum Nachdenken anregt. Vielleicht sollte man doch mal schnell eine Freundin oder Freund anrufen oder sich einfach mal auf ein Bier treffen, und versuchen dem ganzen einfach ein wenig zu entfliehen und so ein gesundes Mittelmaß zu finden, zwischen offline und online sein.
Es ist ein Buch, welches auch eine neue Medienethik von Google und Co fordert, aber auch von uns selbst. Und somit ist es auch ein schwieriges Buch, weil es eine Veränderung von uns fordert. Es ist auf jeden Fall ein Buch, welches zum Nachdenken auffordert und genau deswegen sollte es auch gelesen werden, wenn es auch nicht gerade leichte Kost, aber es ist nun mal ein Sachbuch und kein Pageturner.