Diesmal starte ich in den Monat mit einem Sinfoniekonzert mit Chor, genauer gesagt, ist es das Stück von Hector Berlioz “L’Enfance du Christ“. Nicht mehr und nicht weniger stand auf dem Programm. Es ist ein Weihnachtsoratorium der besonderen Art. Und das „besonders“ kann man auch so stehen lassen.
Aber ich fang einfach mal von vorne an, nämlich bei der Einführung im Foyer. Es war die letzte Einführung mit Fabian Bell, der mir in den letzten Monaten immer wieder Freude gemacht hat. Diesmal war er wie entfesselt. Er hat immer wieder Tonbeispiele für die verschiedenen Aspekte im Werk von Berlioz gefunden. So zum Beispiel wie in Hugo Wolfs Werk, der Penthesilea, in der dieser Bezug auf die Symphonie fantastique nahm, im Besonderen auf „Marche au supplice“. Danach nahm er noch drei Beispiele aus „L’Enfance du Christ“. Es waren immer nur kurze Stücke, jedoch mit sehr interessanten Bemerkungen versehen. Er erklärte auch über die Komponisten, die ihn geprägt hatten einiges, wie stark Ludwig van Beethoven sein Werk beeinflusst haben, ebenso die Freundschaft zu Liszt oder später zu Wagner, welcher am Anfang nicht so viel mit Berlioz anfangen konnte und deren Freundschaft sich erst viel später entwickelte.
Interessant war es auch, dass diesmal viele Menschen im Foyer des Stadttheaters waren und die meisten doch geblieben sind und den Ausführungen mit den Musikeinspielungen gefolgt sind. Irgendwie war er diesmal lockerer und gelöster. Es stimmt mich jedoch ein wenig traurig, dass Fabian Bell seine letzte Einführung in ein Sinfoniekonzert gemacht hat. Von meiner Seite her kann ich ihm nur alles erdenklich Gute wünschen und es würde mich freuen, ihn bei der einen oder anderen Gelegenheit noch einmal zu treffen. Gleichzeitig bin ich gespannt auf den Nachfolger. Fabian Bell hat es sehr gut gemacht. Er hat mir doch einige Komponisten nähergebracht und dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Komme ich nun zum eigentlichen Konzert, diesmal mit Chor und Solisten. Dies bringt mich nun wieder zu meinem früheren Musikunterricht. Ich glaube, wir haben diese Stilrichtung im Rahmen von Carl Maria von Weber und dem Freischütz behandelt. Dies ist mir ziemlich am Anfang des Konzerts aufgefallen und somit war ich sehr schnell wieder in bestimmten Emotionen gefangen.
Clemens Kirschbaum fing an als Le Rècitant und mir ist aufgefallen, dass er eine kraftvolle Stimme hat und immer ein gewisses Funkeln und Wärme in den Augen. Es war einfach schön ihm zuzuhören.
Daniel Macciantelli als Herode, und auch als Le Père de familie, hat eine sehr prägnante Stimme, der ich auch sehr gerne zugehört habe. Sein Gesicht ist teilweise sehr hart und man hat das Gefühl, dass er voll in der Rolle des Herodes aufgeht, denn später war in seinem Gesicht eine andere Emotion zu sehen und er glänzte nicht nur mit einer hervorragenden Stimme.
Shawn Mlynek als Un Centurion und Chul-Ho Jang als Polydorus führten einen tollen Dialog mit ihrem Gesang, der sich sehr gut einfügte und mich einfach nur ruhig zuhören lies. Er hat sich sehr angenehm mit dem Philharmonischen Orchester verbunden, wie bei den anderen Sängern auch. Dieses Wechselspiel war so, wie ich es mir gewünscht hätte, wenn ich es mir hätte wünschen können.
Naroa Intxausti als „La Vierge Marie“ war die Person, vor der ich am meisten Angst hatte, da ich bei den meisten Frauenstimmen wirklich meine Probleme habe. Wenn sie sie Soli singen, klingen sie mir oft zu schrill. Aber diese Stimme finde ich mehr als angenehm. Sie hat eine gewisse Wärme und Kraft, die auch ich sehr gerne höre.
Als „Saint Joseph“ war Grga Peros als Solist auf der Bühne, der sich, wie es sich gehört, sehr gut mit „La Vierge Marie“ ergänzte. Immer wieder musste ich die Augen schließen, um den Gesang der Solisten noch besser genießen und in mich aufnehmen zu können.
Komme ich nun zum Chor und da muss ich wirklich meinen Hut ziehen. Gut, ein oder zwei Stimmen konnte ich zumindest bei den ersten Stücken schon verorten, aber je länger es dauerte, desto homogener wurde der Chor und es wurde immer mehr zu einer Gemeinschaft. Die erklärt sich schon dadurch, dass dort der Chor des Stadttheaters, des Gießener Konzertvereins und der Wetzlarer Singakademie zu diesem Konzert zu einem Chor wurden. Von Takt zu Takt wurde es immer mehr zu einer vollen Stimme mit viel Wärme und Esprit – und genau so wünscht man es sich. Am Anfang war auch das Aufstehen des Chores etwas lauter und man hörte es sehr deutlich, wenn der Chor seinen nächsten Part übernehmen sollte. Aber auch das wurde schnell ruhiger. Das, was ich hier gerade bemerke, ist eine Anmerkung auf sehr hohem Niveau. Denn komplett leise ist dies bei der Größe des Chores nicht zu schaffen, aber wie gesagt, es wurde immer besser je länger es dauerte und zu einer richtigen Einheit. Ich denke hier spielt auch die natürliche anfängliche Nervosität eine große Rolle. Und das ist auch völlig normal.
Aber das Ganze war nicht nur eine Einheit unter den Sängern, sondern es war auch eine Einheit mit dem Philharmonischen Orchester. Beide Gruppen spielten immer wieder sehr gut miteinander, auch wenn es dann doch teilweise etwas langatmig war. Das lag aber nicht an den Musikern, sondern daran, dass das Stück nun einmal so komponiert wurde und es lag nun mal auch an der Zeit, in der es komponiert wurde. So war der Stil.
Was man nun mal auch sehr gut merkt, ist die Lockerheit und die Gelöstheit, die man nach dem Konzert richtig zu spüren und zu sehen bekam. Es wurde miteinander gelacht und sich gefreut, was man an der Spielerei mit den Blumensträußen merkte. Und nur mal so nebenbei bemerkt, nicht nur die Solisten oder der Dirigent haben sich gestern Abend einen Strauß Blumen verdient. Ich finde, alle Sänger und Musiker, die dort gestern auf der Bühne standen haben, sich nicht nur einen Strauß Blumen verdient.
Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Sinfoniekonzert und ich werde mich wie immer überraschen lassen. Sie sollten es vielleicht auch mal versuchen, in ein Sinfoniekonzert in einem Theater ihrer Wahl zu gehen. Das nächste Sinfoniekonzert ist am 28.01.2020 ich werde sicherlich wieder da sein.