[Klassik] Bass und Besser oder der besondere Klassikunterricht
So langsam nähert sich die Spielzeit ihrem Ende. Nachdem ich ja schon zum Symphoniekonzert und Kammerkonzert war, fehlt noch das Previewkonzert.
Nachdem einige in meinem Bekanntenkreis schon seit langem von den Previewkonzerten schwärmen, dachte ich, warum nicht heute mal in das besagte Konzert, schließlich kommt ja auch Dominik Wagner, einer der wohl besten Kontrabassspieler, nach Gießen. Also beschloss ich beides zu verbinden. Irgendwie ist es für mich wie nachhause kommen, wenn ich das Theater betrete. Die meisten kennen mich schon. Im Übrigen passiert dies auch deswegen, weil ich jedem mit einem Lachen begegne und mich einfach freue, sie zu sehen und es ihnen auch vermittle. Versucht es einfach mal! Ihr wärt überrascht, wie viel schöner und bunter die Welt ist, wenn man nicht immer auf den Monitor sieht, sondern versucht sein Umfeld wahrzunehmen.
Nach einigen Gesprächen ging es nun endlich zum Konzert. Nach den ersten Takten, ich glaube, es war Joseph Bologne und Chevalier de Saint-Georges Sinfonie D-Dur op. 11 Nr. 2, aber nur ein paar kleine Auszüge, wurde erst einmal von Andreas Schüller über den Begriff Klassik gesprochen. Es gab einen kleinen Exkurs darüber, der aber wirklich sehr gut gemacht war, da es informativ und Lustig rübergebracht wurde. Es wurde auch erläutert, auf was man achten sollte, bei diesem oder jenem Stück. Ich kam mir in diesem Moment das erste Mal vor wie in meiner Schule im Musikunterricht und es wurde noch „schlimmer“. Es war einfach intensiv, wie Herr Schüller und die Musiker einem das Stück näherbrachten. Ich habe die Musiker bewundert, die immer wieder schnell genau die Stelle gespielt haben, die Herr Schüller wollte und vor allem welche Musiker er wollte. Und da war dann der große Unterschied zum Musikunterricht. Da wurde früher nur der Plattenspieler angehalten und hier waren es echte Musiker, die live und in Farbe jederzeit die gewünschten Stellen spielten und auf den Punkt stoppten. Präziser als jeder Plattenspieler.
So ist es viel anschaulicher, viel interessanter und man bekommt so einen besonderen Touch mit. Man lernt etwas, man grinst ein wenig und bewundert wieder diese Musiker, die einfach ihr Instrument und auch diese Stücke perfekt kennen und können.
Wie gesagt, es sind nur Ausschnitte von dem ersten Stück gewesen. Beim eigentlichen Symphoniekonzert wird dann natürlich das ganze Werk gespielt, ohne Pause und ohne Erklärungen.
Dann wurde besagter Dominik Wagner auf die Bühne geholt und auch einige andere Musiker, die bis dahin noch nicht präsent waren. Und dann hatte ich mein Déjà-vu. Herr Schüller summte die Melodie von Der Pate und ich dachte im ersten Moment, na, was kommt jetzt? Genau, Nino Rota. Es war klar, es ging wieder um Klassik und um E und U Musik, und wie unsinnig diese Unterscheidung ist, denn auch das folgende Stück, um das es nun ging, ist vom Komponisten her ein Unterhaltungsstück, wird aber wahrscheinlich von anderen gerne auch mal als Ernste Musik bezeichnet. Es war Divertimento Concertante für Kontrabass und Orchester von besagtem Nino Rota, das sagte mir nun nichts, aber dann, die ersten Takte wurden gespielt und in dem Moment war mein Musikunterricht wieder da. Mein Lehrer hatte sich mal einen Spaß gemacht, und ich glaube mich erinnern zu können, dass wir sogar eine Arbeit darüber geschrieben haben, wo wir der Pate mit Divertimento Concertante für Kontrabass und Orchester verglichen haben Fragt mich nicht, warum mir dies wieder einfiel, obwohl es Jahrzehnte her ist. Das ist ungefähr genauso, wie wenn ich mich mit Menschen über ein Buch unterhalte, was ich schon mal gelesen habe, und nach den ersten Dingen die erwähnt werden, wird mir das Buch immer präsenter. Und genau so war es heute Abend, nur, dass mir diese Ausführungen von Herrn Schüller und im Besonderen von Dominik Wagner wesentlich besser gefallen haben, in dem es um das Werk, seine besondere Komik und über den Komponisten ging. Und was da alles drin vorkommt. Wirklich, es war einfach ein Genuss dem zuzuhören, diesen begnadeten Musiker zuzuhören, egal ob nun an seinem Kontrabass oder wenn er über Rota sprach. Man bekommt Klassik leicht nähergebracht, mit einfachen Worten und Anekdoten, die jeder versteht. Man spürt in jeder Silbe, in jedem Takt die Liebe zur Musik und wie auch ein Musiker wie Dominik Wagner sich in das Philharmonische Orchester Gießen einfügt und nie abgehoben erscheint, sondern man spürt seine Liebe zu seinem Instrument, wie bei allen anderen Musikern auch.
Man merkt, wie leicht es für Schüller und Wagner ist, sich die Bälle bei der Moderation zuzuwerfen. Man sieht aber auch bei den anderen Musikern eine Freude beim Spielen und beim Erklären. Ich denke, so kann man Klassische Musik anderen Menschen einfach näherbringen, die vielleicht ein wenig Angst davor haben.
Dass sich dann auch noch Zuschauer aus dem Publikum beim letzten Part mitten ins Orchester setzen dürfen, ist einfach auch noch mal etwas Besonderes. Ich glaube, das macht für diese Menschen diesen Abend noch erlebnisreicher. Einen Teil der Sinfonie Nr. 5 in B-Dur von Franz Schubert so aus der Nähe zu erleben, ist schon etwas Besonderes.
Nach dem eigentlichen Konzert wurde dann auch noch eine Zugabe im Foyer gegeben, in der Dominik Wagner zusammen mit dem Solokontrabass des Stadttheaters spielte und es mit den Worten einleitete, dass auch dieser ein Könner sei.
So bleibt mir nur eines übrig, es ist schade, dass so ein Projekt wie das Previewkonzert nur wenige Zuschauer hatte. Es ist niederschwellig und für jeden verständlich, auch für Menschen, die wenig Berührungspunkte mit Klassischer Musik haben. Gut, ich hatte das Glück einen sehr guten Musiklehrer zu haben, der versucht hat uns Klassische Musik näher zu bringen. Wobei es wohl oft eher ein Musikleistungskurs war, als Musikunterricht in der Realschule. Aber, und dies ist nun so mein Gedanke, der immer wieder während des Abends hochkam, warum nicht auch mal mit Schulen darüber sprechen? Es gibt kaum eine bessere und lockerere Atmosphäre, um Klassische Musik anderen Menschen, und dem Falle Schulen, näher zu bringen.
Auch kann dies etwas Verbindendes werden, für Menschen, die von woanders herkommen. Ich finde, es ist der Richtige Ansatz, niederschwellig damit anzufangen, denn leider ist doch das Publikum beim Sinfoniekonzert etwas elitärer, auch wenn dies immer mehr aufbricht. Es ist kurzweilig, die Musik ist gut und man lernt etwas. Ich finde, dies ist der richtige Ansatz, den Ann-Christine Mecke zusammen mit Andreas Schüller wählt. Der Mut muss belohnt werden und vielleicht sollte man mal ein Brainstorming machen, damit vielleicht in naher Zukunft das Previewkonzert fast genauso voll ist wie das eigentliche Konzert einen Tag später. Ich finde, das Konzept hat ganz viele Zuschauer und Menschen, die es erleben, verdient. Also gehen sie hin!