Trio Jean Paul

In meinem Bekanntenkreis gibt es viele, die sagen immer wieder, dass ich in die Gießener Meisterkonzerten gehen soll. Dies ist ein Verein, der besondere Künstler nach Gießen holt, entweder im Winter für Konzerte im Konzertsaal im Rathaus Gießen oder im Sommer als Basilikakonzerte auf dem Schiffenberg. So also diesmal im Konzertsaal in unserem Rathaus der Stadt Gießen.

Ich bin also mal mitgeschleift worden und ganz ehrlich, dieses Mitschleifen hat sich wirklich gelohnt! Es sind sehr nette Menschen, die einen dort mit einem Lächeln begrüßen. Diese Freundlichkeit erzeugt in mir jedes Mal gleich eine besondere Vorfreude, denn ich finde, das drum herum muss immer passen.

Was soll ich sagen? Der Konzertsaal war wirklich gut gefüllt und ganz ehrlich, dies freut mich immer wieder sehr. Dass der Verein hervorgehoben hat, dass diesmal auch unser Oberbürgermeister Frank Tilo Becher bei dem Konzert dabei war, und dass es bis jetzt noch kein Bürgermeister vorher geschafft hat, vorbei zu kommen, muss ich sagen, ist ein Armutszeugnis für die Vorgänger, denn auf der anderen Seite im Stadttheater habe ich sie doch häufiger gesehen.

Und da ist es mir nun vollkommen egal, ob es nun unser Oberbürgermeister oder Landtagsabgeordneter oder Bundestagsabgeordneter ist, es wäre schön, wenn man die Lokale Kultur egal ob nun Stadttheater oder solche Vereine wie die Meisterkonzerte doch häufiger mal besucht, denn solche Kulturvereine egal wo machen einfach einen tollen Job und ohne die wäre es noch ruhiger wie teilweise ohnehin schon. Einfach mal als Politiker so eine Wertschätzung auszudrücken, wäre wünschenswert.

Aber ich schweife mal wieder ab. Es sollte ja eigentlich um die Musik gehen und nicht um die Politik. Das Trio Jean Paul ist eines der wohl profiliertesten Kammermusik-Ensembles. Dies macht nun einen Zwischenstopp in Gießen, und tritt danach in Italien auf. Die Gruppe besteht aus Eckart Heiligers am Klavier, Ulf Schneider an der Violine und Martin Löhr am Violoncello.

Als erstes gab es Johannes Brahms mit dem Klaviertrio Nr. 1 H-Dur op. 8 in der Urfassung von 1854. Schon nach dem Allegro con moto wäre ich am liebsten aufgestanden und hätte applaudiert. Wie diese drei Musiker sich gemeinsam ergänzen ist einfach wunderbar. Ich habe immer so ein bisschen Probleme mit der Violine. Wenn sie nicht mit einem anderen Instrument, wie z.B. dem Violoncello, ergänzt wird, greift es gerne mal meine Nerven an. Ich habe es da immer gerne ein wenig mit einem etwas tieferen oder voluminöseren Instrument umspielt. Und schon bei dem Allegro con moto muss ich sagen war dies wirklich meisterhaft. Gepaart mit diesem Klavierspiel war das einfach ein Genuss.

Weiter ging es mit dem Scherzo Allegro molto – Trio Meno Allegro und es wurde immer besser in meinen Ohren. Ich konnte in dieser Musik und dieser Stimmung einfach ein wenig versinken. Es war im allgemeinen eine ganz andächtige und besondere Stimmung in dem Saal. Ich war wie gefangen und gefesselt in diesen Melodien, die diese drei Ausnahmemusiker auf der Bühne gespielt haben.

Es wurde nicht schlechter, eher im Gegenteil. Weder das Adagio non troppo noch das Finale zeigten Schwächen. Vor allem das Spiel von Martin Löhr hat mich wirklich fasziniert. Auch wenn dies vielleicht noch ein wenig besser gehen könnte, wie meine fachkundigere Begleitung meinte, war dieses Zusammenspiel der drei Instrumente in meinen Ohren nahezu perfekt. So könnte ich mir vorstellen, hat es sich Brahms auch gewünscht, dass er 170 Jahre später noch gespielt wird.

Nach der Pause gab es Robert Schumann mit dem Klaviertrio d-Moll op. 63. Die drei Musiker waren hier irgendwie nicht so perfekt im Einklang. Vielleicht liegt es daran, dass mir Brahms mehr liegt. Dies ist mir nun aber eine zu einfache Erklärung, da ich bei klassischer Musik schon oft gemerkt habe, dass ich die Stücke in Moll oft besonders mag, aber diesmal war es anders.

Es gab Passagen, die mich wirklich mitgerissen haben, wo ich nur noch in der Musik sitzen wollte, ich die Augen geschlossen hatte und alles um mich herum vergessen habe. Lustiger Weise waren dies meistens genau die Passagen, die meine Begleitung bemängelt hat. Ich habe dafür Stellen bemängelt, die sie toll fand. Musik ist doch eine Gefühlssache.

Da merkt man dann wieder, dass man das gleiche hören, aber unterschiedlicher Meinung sein kann. Deswegen sollte man sich einfach hinsetzen und es genießen. Jeder von uns hat andere Erfahrungen und andere Vorlieben. Was uns aber beiden aufgefallen ist, dass das Stück von Robert Schumann nicht ganz an die Perfektion des Klaviertrios von Brahms herankam. Dies kann einfach manchmal daran liegen, dass man das Stück vielleicht noch nicht so oft zusammen gespielt hat, oder das man es zu oft zusammen gespielt hat und man flüchtig vielleicht nicht zu 100% bei der Sache ist, oder an der Interpretation des Stückes, oder einfach an einem schlechten Tag. Musik ist emotional und kann auch so beeinflusst werden.

Dies sind allerdings Kleinigkeiten! Was ich gehört habe fand ich einfach hervorragend aber je mehr Klassik ich höre, desto häufiger fallen mir Kleinigkeiten auf, die mich vielleicht früher nicht gestört haben und die ich wahrscheinlich auch gar nicht bemerkt hätte. Während ich Brahms dicht an der Perfektion empfand, waren es beim zweiten Stück Kleinigkeiten, wo die Abstimmung ein wenig gefehlt hat.

Es war trotzdem wunderschön! Ich bekomme bei beiden Stücken, wenn ich daran denke noch Gänsehaut und so ein wohliges Gefühl, welches mir ein eigentlich perfekter Konzertabend bereitet.

Ganz ehrlich, ich kann es nicht verstehen, dass der Veranstalter sich gefreut hat, dass dieses Konzert fast ausverkauft war. Es hätte eigentlich ausverkauft sein müssen! Ich habe noch immer freie Plätze gesehen und wenn ich überlege, dass die teuersten Karten gerade einmal 21 € kosten und die günstigsten Plätze 17 €, gibt es keinen Grund, nicht ins Konzert zu gehen. Dafür bekommt man Klassische Musik der Spitzenklasse! Lasst uns doch einfach mal diesen Saal vollmachen! Der nächste Termin ist der 17. März 2024 mit dem erweiterten Klaviertrio Hannover. Somit bin ich wieder bei dem Thema vom Anfang. Warum geht man ins Konzert im Stadttheater, aber nicht in ein Meisterkonzert mit wirklich namhaften und tollen Musikern? Beide Konzertformen sind einen Besuch wert.

Ich habe sehr langen Applaus erlebt, vor der Pause, genauso wie nach dem Konzert. Es wurde auch noch eine Zugabe gegeben. Ich glaube dies zeigt, dass es ein toller Abend war, zumindest habe ich bei Jung und Alt ein Leuchten in den Augen gesehen, genauso wie ein strahlendes Lächeln und immer wieder die Worte: Das war wunderschön. Dies zeigt sehr deutlich, dass da etwas Besonderes stattgefunden hat. Schaut doch einfach auch mal vorbei. Versucht es, genießt es und wenn es euch dann wider Erwarten nicht gefällt, dann könnt ihr wenigstens sagen, dass ihr es versucht habt. Wenn ohnehin bereits zu den Kammerkonzerten oder allgemein Konzerten ins Stadttheater geht, dann geht auch mal über die Straße ins Rathaus zu den Meisterkonzerten. Ihr werdet es nicht bereuen, dies kann ich euch nach dem heutigen Abend versprechen.

trio jean paul gallery 03
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