[Rezension] Der Sioux-Chef – Indigen Kochen – Sean Sherman
Klappentext:
Grundgesunde Süßkartoffeln mit Ahorn Chili Crunch
»Dieses Kochbuch widme ich unseren Vorfahren und allen indigenen Menschen, die jahrhundertelang unter dem Kolonialismus gelitten haben. Wir, die First Nations Nachfahren, geben unser Wissen, unsere Lebensmittel und unsere Heilmittel an alle künftigen Generationen weiter.«
Das erste Kochbuch seiner Art auf Deutsch: Der Spitzenkoch von der Oglala Lakota Sioux Nation Sean Sherman erfindet eine der ältesten und gesündesten Küchen neu: die indigene. Gluten-, milch-, zuckerfreie Rezepte. Leicht nachzukochen.
Sean Sherman ist Botschafter eines neuen indigenen Selbstbewusstseins. Die Gerichte des Sioux-Chefkochs umfassen u.a. Wildbret, Wacholder, Salbei, Fisch, Pflaumen und eine Fülle von Kräutern. Zu seinen Rezepten gehören etwa gegrillte Wildreiskuchen, Drei-Schwestern-Salat oder geröstetes Maissorbet. Seine Philosophie reicht weit über seine Heimat hinaus. Es ist eine Küche der tiefen Verbundenheit mit der Natur, dem Respekt vor Pflanzen und Tieren. Sie setzt auf Selbstversorgung, ist hyperlokal, ultrasaisonal und supergesund. Sie ist von Natur aus niedrigglykämisch, eiweißdivers, salzarm, pflanzlich – und vor allem absolut köstlich.
Rezension:
Indigenes Kochen, was ist das eigentlich?
Nach all den Diskussionen über kulturelle Aneignung in Literatur, Mode, Musik und Frisuren, schoss mir auch der Gedanke durch den Kopf, ob das auch für die Kulinarik gilt. Es wäre mehr als traurig, da es ohne den Austausch zwischen den verschiedenen Regionen und Kulturen ganz schön langweilig in der Küche wäre. Für mich ist die Küche einer Region quasi der einfachste Zugang mich mit ihrer Kultur auseinanderzusetzen. Traditionelle Gerichte sagen auch einiges über die Geschichte der Bevölkerung und die Natur. Daher sind typische Gerichte im Norden Europas ganz anders als in Asien, oder eben bei den indigenen Völkern Nordamerikas.
Sean Sherman geht in seiner Einführung auf seine Kindheit im Reservat ein, was ich sehr interessant fand. Er erläutert seinen unkonventionellen Weg zum Koch, die Prinzipien der indigenen Küche und warum ihm dies wichtig ist. Der Autor erklärt die Benutzung ausführlich. Dies ist sehr hilfreich. Mir gefällt das Verzeichnis der wichtigsten Zutaten sehr gut. Es ist auch sehr hilfreich, dass die Maße gleich vom US in das metrische System umgerechnet wurden und man dies nicht selbst tun muss. Es gibt einige Zutaten, die man so nicht ganz einfach in Deutschland bekommt. Dies wird allerdings auch direkt gesagt und Alternativen benannt.
Mit Alternativen musste ich dann auch direkt anfangen. Da ich keine Enteneier bekommen konnte, habe ich Hühnereier genommen und das Rezept von Seite 58 war super! Ich habe es als Variante neben den klassischen russischen Eiern bei einer kleinen Feier serviert und alle waren begeistert. Den Sumach habe ich durch Zitronensaft ersetzt. Es gibt ihn aber auch in einigen türkischen oder asiatischen Läden.
Meine Familie habe ich dann noch mit einem kleinen Menu überrascht. Das „Mit Apfel und Minze geschmorte Kaninchen“ (Seite 152) hat sogar meinen Vater überzeugt, der ansonsten neuen Rezepten sehr skeptisch gegenübersteht. Diese fruchtig frische Note war jetzt gerade im Winter herrlich.
Dazu gab es „gerösteten Kürbis mit Ahornaroma“ (Seite 69). Superleich zuzubereiten und absolut lecker. Die „Bohnenbratlinge“ von Seite 74 kamen nicht ganz so gut an. Sie waren recht trocken. Es könnte aber auch an mir gelegen haben. Da die Masse ehr weich und nicht formbar war, habe ich noch mehr Maismehl zugegeben. Das Aroma war gut, daher werde ich es nochmal versuchen und dann nur so viel Maismehl nehmen, wie angegeben.
Der Abschnitt über Hülsenfrüchte ab Seite 75 ist gut strukturiert und informativ. Das inspiriert auch wieder mal mit den Zutaten zu experimentieren.
Das „Wildkräuterpesto“ (Seite 60) schmeckt nicht nur zum „Gerösteten Mais“ (Seite 49), sondern auch hervorragend zu Pasta oder Rindersteaks.
Es werden auch einige Pflanzen verwendet, die auch hier heimisch sind und wie meine Oma sagte zur arme Leute Küche gehörten, wie Sauerampfer und Hagebutte. Die Sauerampfersuppe werde ich im Frühjahr gewiss testen. Davon wächst genug bei uns im Garten. Jetzt im Winter haben für uns viele der Fleischgerichte Saison. Egal ob Ente, Truthahn oder Gans, das schmeckt jetzt gerade besonders gut. Mir hat es der „Entenbraten mit Salbei und Hagebutte“ (Seite 136) angetan. Auf dem Markt habe ich Hagebuttenmarmelade bekommen, die hier hervorragend reingepasst hat und Salbei hatte ich noch im Garten.
Insgesamt ein echt empfehlenswertes Kochbuch, dass nicht nur neue Rezepte bietet, sondern auch einen Einblick in eine andere Kultur. Ja, manche Zutaten sind vielleicht hier nicht ganz so einfach zu bekommen, und ob das dann noch so nachhaltig ist, wie ursprünglich sei dahingestellt. Aber wenn man über Essenstraditionen liest und nachdenkt, reflektiert man auch seinen eigenen Kulturraum. Gerade Kräuter sind auch in der mitteleuropäischen Küche zentral und da kann man sich hier einige Inspirationen auch in den Alltag reinholen. Und die Gerichte sind eine Bereicherung des Küchenrepertoires.

Titel: Der Sioux-Chef – Indigen Kochen
Autor/In: Sherman, Sean
ISBN: 978-3-98568-082-5
Verlag: Kanon Verlag
Preis: 38,00 €
Erscheinungsdatum: 18. Oktober 2023