Orchester

[Konzert] Die Kunst des Kontrabasses: Dominik Wagner und das Gießener Philharmonische Orchester

Wenn ein Solist nach Gießen kommt, wo ein Mensch mit einer Sozialphobie alles auf sich nimmt, nur damit man beide Konzerte sehen kann, also Preview-Konzert und Sinfoniekonzert, dann kommt offensichtlich jemand besonderes.

In diesem Fall ist es Dominik Wagner mit seinem Kontrabass. Ich war auch bei beiden Konzerten und beide, das eigentliche Sinfoniekonzert sowie das Preview-Konzert, hatten ihren eigenen Charme. Dazu aber gleich mehr. Die Einführung zum Sinfoniekonzert machte Christian Förnzler und meine Feststellung war, Anlage gut und Christian Förnzler war auch gut. Seine Musikbeispiele waren gut gewählt und er wird wirklich immer besser.

Das Konzert, genauso wie das Preview-Konzert, startete mit Louise Farrenc: Ouvertüre e-Moll op. 23. Wer von dieser Komponistin gehört hat, hebe bitte die Hand. Louise Farrenc war eine Ausnahme-Pianistin, die auch Professorin am Pariser Konservatorium war. Dies nicht nur ein paar Jahre, sondern fast dreißig Jahre lang. Diese Ouvertüre ist für Konzerthäuser als eigenständiges Stück geschrieben worden. Schon beim Preview-Konzert war es so, dass ich die Stücke, die Andreas Schüller erklärte besonders genossen habe. Es war wie so oft in den letzten Jahren, es gibt Komponisten, die man so nicht kennt, aber die trotzdem einfach zum Niederknien sind.

Werbung
Werbung

Besonders die Posaunen waren für mich so wichtig für dieses Stück. Beim Preview – Konzert wurde noch mal genau darauf eingegangen und aufgezeigt wie es mit und ohne Posaunen klingt. Schon da fand ich es einfach herausragend. Aber beim 5. Sinfoniekonzert in seiner ganzen Pracht war es so schön, dass ich noch Stunden später eine Gänsehaut bekomme. Durch die vorhin genannten Posaunen bekommt das Stück eine besondere Tiefe und Wärme, die ich so nicht erwartet habe. Da zeigt es sich wieder, dass jedes Instrument wichtig ist für ein Konzert, genauso, wie die Akustik, der Sitzplatz und die Person neben einem wichtig sind.

Komme ich nun zum eigentlichen Highlight der beiden Abende: Dominik Wagner mit seinem Kontrabass. Zusammen mit unserem Gießener Philharmonischen Orchester war er wirklich toll. Der Mittwoch des Preview Konzerts, war immer wieder interessant, da Dominik Wagner sein Instrument erklärte, aber auch wie viel Arbeit das Neubearbeiten des Stückes war, damit es nicht mehr für das Cello, sondern eben für den Kontrabass arrangiert war. Was mir aber auffiel, war das ich das Gefühl hatte, dass sich Dominik Wagner wirklich sehr wohl in unserem „kleinen“ Orchester fühlt. Vor allem Ignacio Fernandez schien er mir doch sehr zu schätzen. Gerade dieser hatte seinen großen Auftritt beim Preview-Konzert, da er den „neuen“ Kontrabass spielen durfte, der mithilfe des Vereins der Freunde des Theaters finanziert werden konnte. Von meiner Seite her Danke für die Unterstützung des Theaters, denn so ein Kontrabass ist wohl sehr teuer.

Komme ich nun wieder zurück zum Stück. Was Dominik Wagner mit seinem Instrument abliefert ist einfach schön. Diese Bearbeitung gab mir das Gefühl, dass Antonín Dvořák es genau so wollte. Dieses Zusammenspiel zwischen Dominik Wagner und dem Orchester, diese Melodien die Dvořák komponiert hat sind einfach atemberaubend. Dazu so einen Solisten, der ein so wuchtiges Instrument zu solchen Tönen führen kann. Einfach der Wahnsinn! Wenn sie die Möglichkeit haben, dann sollten sie sich diese Bearbeitung seines Vaters Wolfram Wagner und Dominik Wagner anhören und live erleben. Ich habe nun ein paar Aufnahmen dieser Bearbeitung gesehen und gehört, aber keine, wirklich keine, kam an dieses Liveerlebnis beim Sinfoniekonzert in Gießen heran.

Als Dominik Wagner eine Zugabe gab und zwar „Vivace“ von Wolfram Wagner komponiert für Dominik Wagner und wie treffend gesagt wurde es ist besonders schwer, da war es um mich geschehen. Wer mich besser kennt weiß, dass ich Apocalyptica sehr mag. Dies sind Cellisten, die Metallica nachspielen. Generell ist Crossovermusik für mich immer wieder ein Highlight. Und nun muss man sich mal vorstellen, dass da anstatt drei Cellisten ein Kontrabass mit genau dieser Kraft des Instruments den Zuhörer abholt, dazu noch kleine Feinheiten, welche ich an diesem Instrument nicht erwartet hätte. In diesem Stück wird von einem Solisten das verkörpert, was ich von einer Gruppe von Musikern erlebe und sehe. Ich bin vollkommen hin und weg und ich kann die Person mit der Sozialphobie komplett verstehen, dass sie diesen Ausnahme-Solisten unbedingt zweimal erleben wollte.

Komme ich nun zu Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 2 D-Dur. Dass gerade Brahms Antonín Dvořák gefördert und aufgrund seiner Möglichkeit, Melodien zu erschaffen, auch bewundert hat, zeigt wie groß Brahms war. Dass er einfach sagen kann, dieser Komponist kann etwas besser als ich, zeigt etwas, was man ansonsten nur bei wenigen Menschen sieht.

Dabei kann Brahms auch einiges. Ja es ist wie so oft, entweder man mag Brahms oder man mag ihn nicht. Meine Begleitung und ich waren uns auch nicht 100% einig, was dieses Stück betrifft. Ich finde es auch mit der Einfachheit des Ganzen sehr angenehm zu hören und zu erleben. Meine Begleitung war da eher dabei und sagte na ja Brahms. Sie hätte gerne das Konzert umgestellt und Louise Farrenc ans Ende gestellt. Ich fand dagegen gerade das Ende gelungen. Es waren für mich zwei Abende, die ich so nicht vergessen werde. Das Preview-Konzert war wegen der Erklärungen von Dominik Wagner und Andreas Schüller besonders für mich, gerade deswegen, da ich einiges über den Kontrabass, Louise Farrenc, die ich überhaupt noch nicht kannte aber auch Brahms erfahren habe, welches ich nicht wusste, bzw. vergessen hatte.

Jedes dieser Stücke war für mich besonders und wunderschön, aber gerade deswegen, da ich es live erleben konnte. Es ist eine besondere Energie, die von der Bühne ins Publikum herüber schwappt, die man so zuhause nicht erleben kann. Ich kann jedem nur raten, gehen sie in die klassischen Konzerte in die Theater oder Konzerthäuser in ihrer Umgebung. Genießen sie es oder fluchen sie auch mal, wenn ein Komponist ihnen vielleicht nicht so zusagt. Aber probieren sie es einfach mal. Und kommt ein Dominik Wagner mit seinem Kontrabass in ihre Stadt, kaufen sie einfach eine Eintrittskarte. Er ist es einfach wert, gesehen und gehört zu werden.

cropped Wordpress Transparent

Verpasse unsere Tipps nicht!

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Einverständniserklärung

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert