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Ich versuche ja momentan ein wenig, das kulturelle Leben meiner liebsten Heimatstadt wieder beim Aufleben zu erleben. Diesmal habe ich mich weit weg aus meiner Komfortzone bewegt. Das Keller Theatre in Gießen ist das älteste englischsprachige Theater in Deutschland und wurde schon 1958 gegründet. Und nein, ich war vor dem gestrigen Abend nie da, da mir meine Englischlehrerinnen immer gesagt haben, Markus, du kannst kein Englisch. Gut, ich habe mich ja schon auf Englisch mit Ken Follett, Donna Leon oder Robert Harris unterhalten, aber ein englisches Theaterstück, ohne Untertitel und ohne mein Backup, ist eine neue Herausforderung.

Aber da muss ich wirklich sagen, macht einem das Keller Theater trotzdem Spaß! Auf dem Spielplan steht „The Secret Lives of Henry & Alice“ von David Tristram. Man stelle sich einfach mal ein Ehepaar vor, so 40 plus und schon lange verheiratet. Der Mann, in dem Falle Henry, arbeitet im Büro, seine Ehefrau Alice ist mit Leib und Seele Hausfrau. Und dann ist Henry so ein Typ Mann, der nach Hause kommt und gleich den Fernseher an macht und nie seine Komfortzone verlässt. Dass da Alice nicht gerade glücklich ist, kann man gut verstehen. Wenn dann auch noch der Mann auf die Idee kommt, seiner Frau zu Weihnachten oder Geburtstag, oder wann auch immer, eine Spülmaschine zu schenken, und das als die Idee des Jahrhunderts zu verkaufen, ist der Krach absehbar. Wer solche Geschenke schon einmal unterm Weihnachtsbaum für die Freundin oder Frau gelegt hat, der weiß wie das endet.

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The Secret Lives of Henry & Alice / Keller Theater

Ich habe das nie gemacht, schon alleine deswegen, weil ich es schon mal bei einem anderen Paar erlebt habe. Liebe Männer, es ist nie eine gute Idee Haushaltsgeräte oder so zu verschenken. Dazu dann noch keine weiteren Informationen, so nach dem Motto es ist ein Geschirrspüler der ist nun mal weiß und spült. Ganz schlechte Idee.

Das sich dann die Frau in Tagträume flüchtet, ist vollkommen klar. Dass sich dann auch noch Henry in Tagträume flüchtet, weil er mit seiner Frau nicht redet, vollkommen klasse. Dabei möchte er eigentlich ein gefeierter Standup Comedian sein, oder Henry Bond, ist vollkommen klar.

Dieser Urlaub in Wales ist der größte Klopfer. Ich könnte über diese ganze Situation noch immer lachen und da ist es egal, ob über Alice oder Henry, wobei mir die bissigen Kommentare von Alice einfach am besten gefallen.

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The Secret Lives of Henry & Alice / Keller Theater

Diese beiden Schauspieler, egal ob Linda Krug als Alice oder Stefan Hennig als Henry, geben einem wirklich das Gefühl, dass die beiden immer Englisch sprechen. Ich habe schon von Schotten oder Amerikanern ein viel schlechteres und unverständlicheres Englisch gehört. Vor allem wie Stefan Hennig spricht, da ist mir wirklich die Kinnlade runtergefallen. Schnell und relativ deutlich, was aber vielleicht auch an der Akustik im Hermann-Levi-Saal liegt. Und das obwohl er wohl leichte Probleme mit der Stimme hatte, wie ich während der Pause gehört habe.

Linda Krug als Alice habe ich fast immer besser verstanden, wobei mir auch bei ihr kleine Haspler vorgekommen sind. Aber he, das ist meckern auf verdammt hohen Niveau. Die beiden würden auch gut als Schauspieler ins Stadttheater passen. Diese Intensität der beiden, es passt einfach. Die Mimik und Gestik der beiden, es ist nie übertrieben und auf den Punkt.

Vielleicht liegt es auch an der Regie von Rosemary Bock, ich weiß es nicht, aber offenbar versteht auch sie ihr Handwerk und ich finde es ist alles mit verdammt viel Gefühl gestaltet. Es sind immer diese Kleinigkeiten, die das große Ganze ausmachen.

Auch dieses Leuchten in den Augen der anderen Mitglieder des Keller Theatre, wenn man mit ihnen spricht, ist eine Wonne. Ich ärgere mich tierisch darüber, dass ich diese Komfortzone nicht früher verlassen habe. Ich bin froh, dass ich vielleicht durch Corona kulturell so ausgehungerter bin, dass ich auf einmal auch solche Veranstaltungen versuche. Aber an diese Abstände zwischen Veranstaltungen möchte ich mich nicht gewöhnen.

Und noch etwas. So ein Theaterstück, ist sehenswert und auch wenn man nicht viel Geld hat, aber als Student 8€ oder als Erwachsener 12€ sollten einfach drin sein. Und wenn man dann noch eine Cola oder so trinkt, ist man dann auch noch mit 2€ dabei dies sollte einem das Ganze einfach Wert sein.

Auch wenn es Laien sind, sie machen es fabelhaft, mit so viel Gefühl, mit einer Energie, die man spüren kann, und dies trotz der Abstände und der Maske. Es muss nun mal leider sein, da sich manche einfach nicht impfen lassen wollen und dann aber ohne Gegenleistung ins Theater oder Konzert gehen wollen.

Leute, wenn ihr wollt, dass wir bald wieder normal leben, dann lasst euch impfen! Wir werden dadurch schneller wieder Theater mit einem Nebenmann oder Nebenfrau erleben, zusammen Konzerte erleben, wo wir feiern und abgehen können. Je länger es dauert, dass wir nicht die 80% erreicht haben, desto länger spielen wir mit der Existenz kleiner Theater, Konzertveranstalter, Musikern, Autoren etc. und desto länger werden wir kein wirkliches Miteinander erleben.

Ich kann jedem empfehlen, wenn ihr die Möglichkeit habt in das Keller Theatre zu gehen, oder andere kleine Bühnen zu unterstützen, dann macht es einfach! Wenn ihr aus der Gegend von Gießen oder Mittelhessen seid, dann schaut einfach mal auf der Homepage vorbei und wenn es noch eine Vorstellung gibt, dann besucht sie. Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Stück und ich werde weiter die Stücke des Theaters besuchen, vielleicht dann wieder auf der kleinen Bühne und mit vielen Zuschauern. Ich würde es ihnen wirklich wünschen.

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    The Secret Lives of Henry & Alice / Keller Theater

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