In dieser Episode der LiteraturLounge analysiere ich das Buch „Mord in Hangzhou“ von Marlies Ferber, das mich auf viele Weisen überrascht hat. Der Krimi dreht sich um James Gerald, einen 70-jährigen Ex-Agenten des britischen Secret Intelligence Service, der sich aus dem Ruhestand zurückziehen muss, um undercover einem gefährlichen Täter auf die Spur zu kommen, der den chinesischen Teehandel sabotiert. Dabei wird deutlich, dass das Alter nicht zwingend ein Nachteil ist; vielmehr bringt Gerald eine Fülle von Lebenserfahrung mit, die ihn in brenzligen Situationen rettet.
Ich bin zunächst skeptisch an das Buch herangegangen, insbesondere angesichts der Frage, ob ein so „alter“ Protagonist noch spannend und dynamisch sein kann. Doch Ferber gelingt es meisterhaft, die Stärken und Klugheit von Gerald hervorzuheben, während sie mich in die fremde und beeindruckende Welt Chinas entführt. Seine Sachkenntnis und seine Fähigkeit, die Politik und das Geschehen in Hangzhou zu navigieren, zeugen von der tiefen Recherche, die Ferber in diese Geschichte einfließen ließ.
Der Schreibstil ist angenehm und ruhig, was zur Atmosphäre des Buches passt und es gleichzeitig ermöglicht, die Spannung gezielt aufzubauen. Es ist erstaunlich, wie Ferber es schafft, ein Gefühl von Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit zu erzeugen, ohne die Leser im Tempo zu verlieren. Dabei thematisiert die Geschichte auch die Unterschiede und Missverständnisse zwischen Kulturen und hebt hervor, wie wichtig es ist, über den ersten Eindruck hinauszublicken und sich mit anderen Perspektiven auseinanderzusetzen.
Ein weiteres bemerkenswertes Element des Buches ist die dynamische Beziehung zwischen James und seiner Partnerin Sheila, die während seiner Reise nach China in den Hintergrund gedrängt wird, aber eine entscheidende Rolle in seinen Gedanken spielt. Diese Intrige sorgt für einige unerwartete Momente der Komik und fügt der Erzählung eine menschliche Dimension hinzu. Geralds ruhiger, aber aufmerksamer Charakter kontrastiert faszinierend mit den pulsierenden Herausforderungen, denen er gegenübersteht.
Insgesamt hat mich „Mord in Hangzhou“ überzeugt und ich würde auf jeden Fall gerne mehr über die Abenteuer von James Gerald lesen. Dieses Buch ist nicht nur für ein älteres Publikum gedacht, sondern richtet sich an alle, die einen gut konstruierten, intelligenten Krimi schätzen. Ferbers Fähigkeit, Spannung und humorvolle Momente in Einklang zu bringen, ist bewundernswert. Ich freue mich darauf, weitere Werke von der Autorin zu entdecken und kann dieses Buch jedem empfehlen, der sich für spannende Krimis mit tiefen Charakteren interessiert.