Im Schrank

LITL679 [Podcast] Ein ungewöhnlicher Wohnort, eine starke Geschichte – Rezension zu „Im Schrank“

In dieser Episode bespreche ich das Buch „Im Schrank“ von Tereza Semotamová, dessen Klappentext von Martina Lisa aus dem Tschechischen übersetzt wurde. Die Erzählung folgt einer jungen Frau, die eine radikale Entscheidung trifft: Sie zieht in einen alten, knarrenden Schrank in einem Hinterhof in Prag, um sich von den Zwängen und der vermeintlichen Geborgenheit ihrer Umgebung zu befreien. In einer Welt voller Ungewissheiten rekonstruiert die Autorin die skurrilen und manchmal frustrierenden Episoden auf der Suche nach dem eigenen Weg. Das Buch verbindet ironische und absurde Momente mit einer tiefen emotionalen Resonanz, die zum Nachdenken anregt.

Meine persönliche Reise mit diesem Buch begann eher unerwartet, als ich durch das Programm des Literarischen Zentrums in Gießen auf die Lesung aufmerksam wurde. Entgegen meiner Präferenzen wegen einer Sommergrippe, die mich daran hinderte, die Veranstaltung zu besuchen, griff ich schließlich doch zum Buch. Die Protagonistin Hannah, die in Deutschland in einer unglücklichen Beziehung feststeckte, wird von ihrer Schwester in diesen Schrank geschickt, und so beginnt ihre ungewöhnliche Wohnsituation und innere Reise.

Anfangs fand ich das Konzept der Schrankbewohnerschaft skurril und inspirierend, doch während ich tiefer in die Handlung eintauchte, entdeckte ich immer mehr Parallelen zu meinem eigenen Leben. Ich wurde gezwungen, über meine eigenen Ängste nachzudenken, was oft schmerzhaft, aber auch befreiend war. Die Autorin fesselte mich mit ihrer Fähigkeit, komplexe Emotionen in scheinbar einfachen Situationen einzufangen, wodurch die Lektüre oft schwer verdaulich, aber ungemein wichtig wurde.

Die strukturierte Erzählweise, bei der nicht alle Kapitel einen klaren Zusammenhang aufzuweisen scheinen, förderte meine Reflexion. Oft musste ich Sätze mehrfach lesen, da sie beim zweiten Mal ganz neue Emotionen in mir hervorriefen. Ich erlebte während der Lektüre ein Wechselbad der Gefühle, zwischen Lachen und Weinen, während ich mit Hannahs Kampf, sich selbst zu finden, mitleitete. Obwohl ich frustriert war über ihre Weigerung, Hilfe anzunehmen, konnte ich ihre Ängste und inneren Konflikte nachvollziehen.

Letztlich ist „Im Schrank“ ein Buch, das man gelesen haben sollte – allerdings erst dann, wenn man bereit ist, sich mit den eigenen inneren Konflikten auseinanderzusetzen. Es erfordert eine gewissenhafte Auseinandersetzung und sollte nicht am Rande durchblättert werden. Manche Passagen sollten laut gelesen werden, um die volle Wirkung zu entfalten. Ich bin dankbar, dass ich dieses Buch entdeckt habe, denn es hat nicht nur meine Sichtweise erweitert, sondern mir auch geholfen, mich selbst besser kennenzulernen. Ich bin überzeugt, dass jede Leserin und jeder Leser etwas anderes aus diesem Werk ziehen wird – sei es Lachen, Weinen oder ein neuer Blick auf das eigene Leben. „Im Schrank“ von Tereza Semotamová ist im Voland & Quist Verlag erschienen und als E-Book erhältlich.

Alba

LITL678 [Podcast] Historisches trifft Fantastisches: Carina Schnells 'Alba – Zwischen den Welten'

In dieser Episode widme ich mich der Rezension des Fantasy-Romans „Alba – Zwischen den Welten“ von Carina Schnell, einem fesselnden Werk, das die Leser in die magische Welt Schottlands entführt. Die Erzählung folgt der kanadischen Journalistin Catriona Keith, die zuerst in die politische Unruhe des schottischen Alltags eintaucht, bevor sie in die übernatürliche Dimension von Alba, dem Reich der Feen, gesogen wird. Inmitten einer Flucht vor einer unbekannten Bedrohung trifft sie auf den geheimnisvollen Carrick, einen Feenkrieger, der eine zentrale Rolle in ihrem Schicksal spielt.

Die Handlung beginnt packend und die Kombination aus realistischen historischen Elementen und fantastischen Aspekten ist bemerkenswert. Catriona findet sich in einer Welt voller Magie, gefährlicher Kreaturen und einer verzweifelten Notwendigkeit, eine uralte Fehde zwischen Menschen und Feen zu beenden. Diese spannende Dynamik wird von der Autorin geschickt aufgebaut, wobei Fragen von Gut und Böse ständig neu verhandelt werden. Der Kampf ums Überleben sowie das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen betten die Charakterentwicklung in einen authentischen Kontext.

Besonders beeindruckend sind die einzelnen Schauplätze, wie die Isle of Skye und Donautar Castle, die das Setting bereichern und dem Leser ein Gefühl von Abenteuer und Entdeckung vermitteln. Der Schreibstil von Carina Schnell lässt die Landschaft lebendig werden und erzeugt eine unerlässliche Verbindung zwischen dem Leser und der beschriebenen Umgebung. Hierbei wird das Fernweh nach Schottland und die Faszination für dessen Mystik besonders spürbar.

Die Beziehung zwischen Catriona und Carrick, die von anfänglicher Feindseligkeit und schüchterner Anziehung geprägt ist, bildet das Herzstück der Geschichte. Ihre Entwicklung und die zahlreichen Konflikte, die sich aus ihrer Zusammenarbeit ergeben, erzeugen eine fesselnde Spannung. Ich empfinde jedoch, dass die Nebenfigur Nairn nicht genügend Raum erhält und wünsche mir eine tiefere Auseinandersetzung mit ihrem Charakter, um die Geschichte noch facettenreicher zu gestalten.

Abschließend kann ich sagen, dass „Alba. Zwischen den Welten“ ein lebendiger Fantasy-Roman ist, der von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln weiß. Die Verknüpfung von historischen Details aus den 70er Jahren mit schottischer Mythologie bietet einen interessanten Blickwinkel auf die Vergangenheit und die kulturellen Wurzeln. Der Roman endet in einem Moment, der nach mehr verlangt, und ich hoffe inständig, dass Carina Schnell bald eine Fortsetzung schreibt, um die Leser in diese faszinierende Welt zurückzuführen.

Blutmond

LITL676 [Podcast] Mord, Models und dunkle Geheimnisse: Eine tiefgründige Analyse von Katrine Engbergs "Blutmond"

In dieser Episode widme ich mich der Rezension des fesselnden Thrillers „Blutmond“ von Katrine Engberg, der im Jahr 2020 erschienen ist und Teil der Jeppe-Korner-Reihe darstellt. Der Episodenkern ist die spannende Erzählung, die im kalten Januar während der Kopenhagener Fashion Week spielt. Hier wird der Modezar Alpha Bartholdi brutal ermordet, während er für die schillernden Gäste der Veranstaltung, darunter Designer und Models, ein Teil der glamourösen Welt sein sollte. Ich beleuchte die komplexen Ermittlungen, die von Jeppe Korner und seiner Kollegin Annette Werner geleitet werden, und analysiere die Verbindung zwischen Bartholdy und Jeppe, der erst aus seinem Australienurlaub zurückkehrt, nur um sich in einen Mordfall zu stürzen, der auch sein persönliches Leben betrifft.

Mit großer Detailverliebtheit gehe ich auf die eindrucksvollen Charaktere ein, die Engberg in die Geschichte einführt. Von der Protagonisten-Dynamik zwischen Jeppe und Annette bis hin zu den geheimnisvollen Verknüpfungen zwischen den Verdächtigen – das Buch bietet eine Vielzahl an möglichen Motiven und emotionalen Verstrickungen. Besonders hervorzuheben ist die Rolle der Prostituierten, die direkt am Tatort des Verbrechens steht, und die Einblicke in das düstere Milieu der Modewelt von Kopenhagen gewährt.

Ich erwähne auch die intensiv ausgearbeiteten Beziehungen und Intrigen, die während der Ermittlungen aufgedeckt werden. Neben dem Mordfall um Bartholdy entfalten sich komplexe Beziehungsgeflechte und Liebesverwirrungen, die die Leser in die emotionalen Konflikte der Charaktere hineinziehen. Je mehr Jeppe und Annette ermitteln, desto mehr Geheimnisse tauchen auf, die nicht nur die Todesursache von Bartholdy betreffen, sondern auch persönliche Schicksale von Freunden und Weggefährten des Toten, einschließlich Jeppe’s besten Freund Johannes.

Darüber hinaus thematisiere ich die geschickt eingebauten Elemente des Thrillers, die im Verlauf der Handlung immer neue Wendungen und Überraschungen bereithalten. Engberg versteht es meisterhaft, Spannung aufzubauen, ohne die Geschichte überladen wirken zu lassen. Die vielen Verdächtigen, jede mit ihren eigenen unheilvollen Geheimnissen und Motiven, sorgen dafür, dass die Spannung bis zur letzten Seite aufrechterhalten bleibt.

Ich blicke abschließend auf die dynamische Entwicklung der Charaktere und die fortwährenden Spannungen, die Raum für mögliche zukünftige Erzählungen lassen. Katrine Engberg hat mit „Blutmond“ einen intelligenten und anspruchsvollen Thriller geschaffen, der nicht nur Krimifreunde begeistert, sondern auch anspruchsvolle Leser, die sich an fesselnden Geschichten mit tiefgründigen Charakteren erfreuen. Ich kann diesen zweiten Band der Reihe ohne Vorbehalte empfehlen und freue mich auf die nächsten Abenteuer mit Jeppe Korner und Annette Werner.

Die Frau im Mond

LITL675 [Podcast] Vergessene Bücherperle? Warum „Die Frau im Mond“ lesenswert bleibt

In dieser Episode geht es um die Rezension des Buches „Die Frau im Mond“ von Milena Agus, einem preisgekrönten Roman, der eine faszinierende Mischung aus Liebe, Sehnsüchten und den Herausforderungen des Lebens bietet. Ich tauche tief in die Geschichte ein, die von einer Großmutter erzählt, die sowohl in ihrer Jugend als auch als reife Frau mit den Begriffen Liebe und Enttäuschung konfrontiert wird. Ihre Sehnsucht nach der großen Liebe führt sie durch die Höhen und Tiefen des Lebens in Sardinien, wo sie den Mann ihrer Träume begegnet und gleichzeitig die Realität ihrer Vernunftehe akzeptieren muss.

Meine persönliche Auseinandersetzung mit diesem Buch begann, als ich es in die Hände bekam, doch wie es oft im Leben der Bücherliebhaber ist, kam es zu der typischen Situation, dass ich es auf den SUB legte. Die Geschichte fand schließlich ihren Weg zurück in meine Lesewelt und ich konnte nicht widerstehen, sie in einem Rutsch zu lesen, nachdem ich nur einen kleinen Einblick in die Kapitel geworfen hatte. Die Erzählung entführt mich in die Sardinien der 1940er Jahre und gibt mir einen Eindruck von den Herausforderungen, mit denen die Menschen während und nach dem Krieg zu kämpfen hatten.

Die Beschreibungen der Familie der Großmutter und deren Unverständnis für ihre Träume und Wünsche verdeutlichen die Konflikte zwischen Generationen. Ihre Reise zur Kur auf das Festland in den 1950er Jahren führt sie schließlich zu ihrer großen Liebe, dem Rudutsche, und ich werde Zeuge davon, wie sich die Erzählung um ihre Hoffnungen und Enttäuschungen rankt. Innerhalb der 136 Seiten werden viele bedeutende Themen angeschnitten, wie Armut, Migration und die Sehnsucht nach einem besseren Leben, ohne dass diese jedoch ausführlich vertieft werden. Trotz dieser Kürze habe ich die emotionalen Auswirkungen der Erzählung stark empfunden.

Während des Lesens schwankte ich zwischen Momenten des Apropos und der tiefen Rührung. Milena Agus gelingt es, Emotionen meisterhaft zu wecken, sodass ich oft innehalten musste, um die Gedanken zu verarbeiten. Auch wenn der gleichnamige Film aus dem Jahr 2017 eine interessante Adaption bietet, bleibt mir das Buch als das Medium, das mich am meisten berührt hat. Zum Schluss kann ich allen, die auf der Suche nach berührender Literatur sind, nur empfehlen, „Die Frau im Mond“ zu lesen. Die Publikation des DTV-Verlags aus dem Jahr 2009 ist zwar nur noch in Restauflagen erhältlich, doch ich wünsche mir eine Neuauflage, um auch künftige Leserinnen und Leser in den Bann dieser beeindruckenden Geschichte zu ziehen.