Über Land

[Rezension] Über Land – Hannah Dübgen

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Klappentext:

Über das, was wir suchen – in uns, im Anderen, in der Fremde

Berlin im Sommer 2013. Ein Fahrradunfall führt sie zusammen: Clara, eine junge Ärztin, und Amal, eine 21-jährige Studentin, die aus dem Irak geflohen ist und in Deutschland Asyl beantragt hat. Die beiden Frauen freunden sich vorsichtig an, gerade als Claras Freund Tarun, ein Architekt, durch ein Bauprojekt zum ersten Mal seit Jahren mit seiner Geburtsstadt Kolkata konfrontiert wird. Als Amals Großmutter stirbt, beschließt Clara spontan, an Amals Stelle nach Bagdad zu deren Mutter zu fliegen. Bei ihrer Ankunft in Bagdad weiß Clara noch nicht, dass sich ihr und Taruns Leben wie auch das von Amal entscheidend verändert hat.

Ein spannend und tiefgründig erzählter Roman über Selbstbestimmung, Wahrhaftigkeit und das Leben in der Fremde. Alles beginnt mit einem kleinen Unfall, am Ende aber steht ein Drama.

Rezension:

Es gibt ja Bücher, die bewegen einen wirklich und man hofft, sie bewegen viel in den Menschen, die sie lesen. So auch bei diesem. Es erzählt die Geschichte der beiden Frauen Amal und Clara. Clara hat Amal angefahren, begibt sich dann auf die Suche nach ihr und findet diese dann doch relativ schnell. Daraus entwickelt sich eine tiefe Freundschaft zwischen den ungleichen Frauen. Frau Dübgen schaltet immer wieder zwischen den beiden Frauen hin und her und man kann so in die Tiefe der Gedanken eintauchen ohne das es schwierig wird – zumindest wenn man sich einmal darauf eingelassen hat.

Man bekommt immer mehr auch einen Einblick in die Sorgen und Nöte eines Asylbewerbers, ohne ständig einen erhobenen Zeigefinger zu sehen. Es ist einfach so, dass man irgendwie hautnah miterlebt was Menschen fühlen, wenn sie abgeschoben werden oder was vorgehen kann, wenn der Asylantrag angenommen wurde.

Ganz nebenbei lernt man dann noch einiges über irakische Kultur und das Ischtar – Tor, welches in Berlin steht, weil es ein deutscher Archäologe abgetragen und dann über Hamburg nach Berlin hat bringen lassen.

Durch die Beziehung zwischen Tarun und Clara erlebt man außerdem, wie sich eine Beziehung entwickeln kann, wenn die Familie des Partners noch auf einem anderen Kontinent bewegt lebt und dort ihre eigenen Probleme hat.

Man könnte sagen „Oh Gott, ist der Roman überfrachtet mit Ereignissen“, denn Clara reißt wegen der Freundschaft zu Amal auch noch zu einer Beerdigung in den Irak, und um ein Versprechen von Amal zu erfüllen, aber es passiert alles so nebenbei, dass es nicht überfrachtet ist.

Die Autorin schafft es, dies alles schnell und unproblematisch auf 252 Seiten zu komprimieren und es trotzdem mit sehr viel Gefühl zu füllen, so dass ich mich des Öfteren habe rufen hören „Wie kann sie dies denn nun machen und wie kann man das ganze nur so plastisch beschreiben“. (Ok so habe ich mich nicht ausgedrückt, bei meinen entsetzten ausrufen, aber es ist wohl so, dass alles andere nicht Jugendfrei wäre.) Ich habe mich oft dabei erwischt, wie ich mit Amal und ihren Freunden im Asylbewerberheim gefiebert habe, aber auch dabei, wie ich mit Clara und ihrem Freund Tarun gefiebert habe was nun aus den beiden wird.

Wie dies die Autorin in diesem doch recht schmalen Buch geschafft hat, keine Ahnung – aber sie hat es geschafft! Sie hat bewiesen, dass ansprechende Literatur mit Herz nicht auf 800 Seiten oder mehr ausgebreitet werden muss. Es geht auch kürzer mit dem gleichen emotionalen Level. Sie hat es mit noch nicht einmal 300 Seiten geschafft.

Gut, man muss sich darauf einlassen, dass es zwei Erzählstränge gibt – einmal von Clara und dann von Amal, aber dies schafft man innerhalb der ersten 20 Seiten gut zu trennen und auch die dicken Wälzer arbeiten oft mit zwei Erzählsträngen. Man bekommt ein wenig erklärt, wie die Flucht verlaufen könnte und welche Gefahren dabei lauern.

Im Nachhinein hätte ich mir manchmal gewünscht, dass die Ruhepausen zwischen den Dingen die passieren vielleicht ein wenig länger wären, aber dies tut der Qualität des Buches keinen Abbruch. Möglicher Weise ist es gerade das, was für mich so bewegend ist und mir viele Einblicke mit Herz und Verstand vermittelt hat.

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