[Rezension] Allein, alleiner, alleinerziehend – Christine Finke
Klappentext:
Wie die Gesellschaft uns verrät und unsere Kinder im Stich lässt
Das Geld ist immer knapp, der Alltag hektisch und für die Kinder bleibt wenig Zeit. Alleinerziehende befinden sich nicht nur am Rande der Belastbarkeit, auch von Gesellschaft und Politik werden sie benachteiligt: besteuert nahezu wie Singles, auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert und von der Gesellschaft missachtet – obwohl ihre Kinder unsere Zukunft sichern. Christine Finke ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern und weiß genau, wovon sie spricht. Sie benennt Schwachstellen und Ungerechtigkeiten und sagt, was sich dringend ändern muss, damit die Alltagshelden unserer Gesellschaft nicht länger alleine dastehen.
Rezension:
Gut, ich bin ja nun alles andere als eine alleinerziehende Mutter. Das fängt ja schon mal bei dem Geschlecht an und geht soweit, dass ich keine eigenen Kinder habe. Warum mich dieses Buch dennoch interessiert hat, kann ich ganz einfach erklären. Meine Mutter hat sich 1975 oder war es 1976 scheiden lassen. So genau kann ich dies nun nicht sagen, da ich da erst 3 oder 4 Jahre alt war. Somit war sie alleinerziehend und ich habe die Sicht eines Kindes auf die Situation. Und ich könnte so einiges zu diesem Buch ergänzen anhand meiner eigenen Erfahrungen. Fünf Kilometer Entfernung können schon verhindern, auch nur ein Nachmittag im Jahr mit dem Sohn zu verbringen. Aber das geht nun zu weit. Ich kann also so einiges aus Sicht des Kindes beschreiben, und das ist nicht unbedingt sehr vorteilhaft.
Komme ich also zum Buch. Ich habe mir mit dem Buch echt schwer getan, da es doch einige Dinge aufgeweckt hat, von denen ich dachte, so nach 40 Jahren sollten sie überwunden sein.
Ansprechend war die Unterteilung der Kapitel wo unterschiedliche Aspekte des Daseins als Alleinerziehende angesprochen wurden. So zum Beispiel die verschiedenen Verhaltensweisen der Mutter, die man selbst als Kind immer wieder mitbekommt, auch über Jahre. Deswegen konnte ich das ganze sehr gut nachvollziehen. Die Querschüsse kommen immer daher, wo man sie am wenigsten erwartet.
Sehr interessant war auch das Kapitel über die verschiedenen Arten, wie man sich die Erziehung des Kindes aufteilen kann. Da waren einige Dinge dabei wo ich einfach nur mit dem Kopf geschüttelt und gedacht habe „O Mann, wie kann man nur auf die Idee kommen“. Aber es ist nicht schlecht dies einmal zu lesen.
Das mit dem Geld, vor allem am Ende des Monats, kennt man als Kind nun auch Mir fallen da so verschiedene Situationen ein, welche dies verdeutlichen. Auch das mit der Rufbereitschaft kann ich unterschreiben. Ich bin in meinem Kindergarten der alleinige Rekordhalter von vier Löchern im Kopf in nur zwei Wochen. Ich habe also meine Mutter immer wieder auf Trapp gehalten.
Ich will bei Papa wohnen – auch so ein nettes Kapitel, welches bei uns auch ein paar Mal vorgekommen ist, aber dies dann doch eher deswegen um, wie es Frau Finke beschreibt, meine Mutter zu verletzen. Dies war aber irgendwie auch nie lange ein Thema, denn mein Papa kam dann doch noch in Gestalt des zweiten Mannes meiner Mutter – und der ist noch immer Klasse.
Richtig interessant wurden dann die Kapitel wo es darum ging, dass andere unter der Woche alleinerziehend sind. Es werden Ansätze gebracht, wie man dies eigentlich vergleichen kann. Die Autorin versucht es trotz allem, auch wenn es teilweise sehr weh tut, aber ich denke dies geht bei beiden so.
Was mich am meisten geschockt hatte, war das Kapitel wo sie beschreibt, wie das eigentlich ist, wenn eine alleinerziehende krank wird, also so richtig krank, nicht nur ein Schnupfen, sondern eine „kleine“ OP oder sonstige Schwierigkeiten mit der Gesundheit. Es ist unvorstellbar, wie alleine man Mütter mit ihren Kindern lässt. Also mit alleine meine ich, man hofft, das die Mutter einen Notfallplan hat. Ich kann eines dazu sagen: Es ist nicht so, dass jeder in einem Haus wohnt, wo der eine für den anderen einkauft oder einen mal fährt oder Kinderbespaßung macht. Nicht jeder hat die Eltern gleich um die Ecke wohnen, wie es die Autorin beschreibt.
Ich könnte jetzt zu jedem anderen Kapitel des Buches etwas schreiben, aber lasse es doch. Irgendwo in der Mitte stand ich da und dachte, wie krank ist dieses System. Und liebt sie überhaupt ihre drei Kinder? Falsche Fragen eigentlich. Wenn sie sie nicht lieben würde, würde sie sagen, da ist das Jugendamt und los kümmert euch drum. Und wie krank das System hier in diesem Land ist, dies brauchen wir ja nicht mehr zu beantworten. Das ist schon ziemlich krank und lässt einen teilweise doch sehr im Regen stehen.
Aber dies liegt auch an uns. Wie viele Leute kennen wir denn, die auch mal so vorbeischauen? Jemand meldet sich nicht, also warum sollte ich die Person denn anrufen oder einfach mal vorbeigehen? Wir dürfen nicht alles immer wieder auf den Staat schieben! Ich denke dieses Buch sollte zum einen in unserem Familienministerium gelesen werden, aber es sollte uns auch ein wenig wachrütteln für die Sorgen und Nöte, die man in unserem Land als Alleinerziehende so hat. Vielleicht ist es einfach wichtig, dass dieses Buch so hart wie es mit allem ins Gericht geht auch so geschrieben ist, da sich ansonsten nichts bewegt.