[Rezension] Hund 51 – Laurent Gaudé
Klappentext:
Eines Morgens reißt eine aufgeschnittene Leiche Zem aus seiner Gleichgültigkeit. Irgendwo, das weiß er, gibt es noch eine Wahrheit. In poetischen Bildern stellt Laurent Gaudé drängende Fragen: Wie wollen wir in Zukunft leben? Und was erwartet uns?
Rezension:
Dystopie und Krimi, passt so etwas? Dazu noch aus Frankreich? So ein leichtes Unwohlsein war am Anfang vorhanden. Ich starte also im Hafen von Athen. Die Menschen wollen mit dem Schiff weg aus Griechenland, denn der Staat ist Pleite und wird von der Firma GoldTex aufgekauft. Die Einwohner werden zum Teil umgesiedelt und die die dableiben, haben keine lebenswerte Zukunft mehr.
Die Zukunft in der Megastadt von GoldTex ist, wie man im nächsten Kapitel merkt, auch nicht gerade goldig, zumindest, wenn man in Zone 3 lebt. Die Stadt ist in drei Zonen unterteilt. Die ärmsten leben in der Zone 3, dort lebt auch Zem, der dort Polizist ist. Er wird zu einer Leiche gerufen, die irgendwo im Nirgendwo gefunden wird.
Schnell wird klar, dass die Leiche in die Zone 2 gehört und deswegen ist die Akte gesperrt und er muss mit einer Polizistin aus der Zone 2 zusammenarbeiten. Dass die Leiche ausgeweidet und ein spezielles Implantat verschwunden ist, welches nur besondere Bürger bekommen, macht das Ganze noch mysteriöser.
Dass Zem am Anfang nicht mit Salia zurechtkommt, war zu erwarten, schließlich kommt er aus Zone 3 und ist eigentlich nur ein Hund in den Augen vieler Menschen in Zone 2. Er ist nichts wert. Aber irgendwie raufen sich die beiden doch zusammen und werden ein wirklich gutes Team.
Während man das Buch liest, erfährt man immer mehr über GoldTex, den Niedergang Griechenlands und einiger anderen Staaten, aber auch, wie die Menschen in der Stadt ankommen und wie prunkvoll das Leben in Zone 1 ist.
Über einige Dinge, wie z.B. den LoveDay, schüttele ich noch immer den Kopf. Da wird die Stadt belohnt oder besser gesagt die Zone 2 belohnt, dass sie etwas Besonderes geschafft hat. Aus diesem besonderen Anlass, darf an einem Tag jeder mit jedem Sex haben und das finden dann die Menschen dort auch noch toll und richtig.
Es gibt viele Dinge in dem Buch, die einen wirklich erschrecken, wie der dauernde Genuss von Drogen, die auch offiziell immer benutzt werden dürfen. Dafür gibt es ein besonderes Haus indem man sich seinen Trip mittels Eingriff ins Gehirn aussuchen kann. Zem will immer in das alte Griechenland zurück, aber das Zurückkommen in die Realität wird immer schwieriger für ihn.
Man saugt sich einfach in diesem Buch fest. Man kann einfach nicht genug bekommen. Es ist viel zum Denken und die Gefühle, die dieses Buch hervorruft, war bei mir wirklich hoch emotional. Man kann nicht einfach alles in Gut und Böse trennen, da jeder viel Schatten hat. Einzig Salia ist anders. Sie ist einfach tough und ergänzt sich richtig gut mit Zem, besonders da, wo sich beide in Zone 1 bewegen und einem Politiker richtig auf den Geist gehen.
Ich habe noch immer ein wenig Probleme mit den Foltermethoden, die in dem Buch behandelt werden. Bitte selbst lesen, nicht fragen! Ich werde wohl noch ein bis zwei Tage brauchen, um das zu verarbeiten.
Man kann über das Buch wirklich vieles schreiben und sagen. Die Sprache ist einfach wunderbar, das liegt sicher auch an Laurent Gaudé, aber auch am Übersetzer Christian Kolb. Ich finde, dass die Übersetzer einfach zu wenig beachtet werden. Sie machen doch die weite Welt der Literatur erst für jeden zugänglich. Eine schlechte Übersetzung kann ein tolles Buch verderben, und eine gute Übersetzung kann es sogar nochmal aufwerten.
Es ist ein tolles Buch, durch das man viel nachdenkt, wie man leben möchte. Es bezieht sich hier mal nicht nur auf Thema Umwelt, auch wenn es mal kurz angeschnitten wird. Es geht um das, wie wir miteinander umgehen. Dazu dieser wirklich verzwickte Kriminalfall und dieses jeder bringt sein Schäfchen ins Trockene-Verhalten der Charaktere macht einfach richtig viel Spaß.
Es ist Literatur wie sie sein sollte, zum Nachdenken, eine intensive Sprache, die einen nicht überfordert. Ich bin mir zu 100% sicher, dass ich noch einige Tage über dieses Buch nachdenken werde. Momentan sitze ich hier und wünschte mir, dass das Buch noch nicht zu Ende sei. Nein, keine Angst, ich plädiere nicht für mehr Seiten. Es ist einfach so wie es ist, ein besonderes und gutes Buch mit einigem Anspruch, ohne dass es mich im Moment überfordert hat. Ich werde versuchen, Laurent Gaudé im Blick zu behalten und euch über weitere Bücher von ihm zu informieren.
Titel: Hund 51
Autorin: Gaudè, Laurent
ISBN: 978-3-423-28354-0
Verlag: dtv Verlag
Preis: 24,00 €
Erscheinungsdatum: 17. August 2023