Wellness

Lieben in modernen Zeiten – kühn, bewegend, klug

Als Jack und Elizabeth 1993 ein Paar werden, spricht alles gegen sie. Doch der junge Fotograf mit den bäuerlichen Wurzeln und die Psychologiestudentin aus gutem Hause heiraten – und erleben in der vibrierenden Kunstszene Chicagos aufregende erste Jahre. Doch nicht alles läuft glatt. Inmitten von Achtsamkeitsseminaren, polyamourösen Bekanntschaften und schrillen Immobilienträumen droht ihre Ehe zu scheitern. Und schließlich müssen sich diese nicht mehr ganz so jungen Träumer den Dämonen ihrer Vergangenheit stellen, wenn sie nicht das Wertvollste verlieren wollen: einander. Von den Absurditäten moderner Technologie bis zur perfekten Kindererziehung legt Nathan Hill unser Leben bloß und stößt auf tiefe Wahrheiten über Liebe, Intimität und Nähe.

Wo fange ich nun an, wo höre ich auf bei diesem Buch? Am besten starte ich, glaube ich. wie das Buch in Chicago 1993. Ich lernte Jack und Elizabeth kennen, die sich gegenseitig beobachteten. Sie wohnten Fenster an Fenster und beobachteten sich gegenseitig, wie Elizabeth liest oder Jack seine Bilder entwickelt. Aber keiner traute sich, den anderen anzusprechen. Jack ist Fotograf und fotografiert oft die aufstrebenden Musiker, die in dem Stadtteil von Chicago auftreten. Und mit diesen Bands, hatte mich der Autor sehr schnell eingefangen, denn es waren interessante Bands wie z.B. Rage against the Machine oder Pixies, um nur mal die bekanntesten zu nennen. Bei mancher Band musste ich sie mir erstmal im Internet anhören, nachdem ich über sie gelesen hatte und es waren richtig spannende Rock, Alternative oder Punk Bands. Bei diesen Konzerten sieht Jack aber auch Elizabeth immer wieder mit anderen Männern. Sie ist eher die, die zuhause liest und klassische Musik hört und beide stalken sich ein wenig gegenseitig, aber keiner traut sich den anderen anzusprechen.

Das mit dem ansprechen kommt mir wirklich sehr bekannt vor, da bin oder war ich nie der Held zumindest, wenn ich die Frau irgendwie toll finde. Ansonsten bin ich eher ein Hans Dampf in allen Gassen, aber in solchen Situationen kann ich sehr still werden. Irgendwann kommen die beiden dann doch ins Gespräch und wie das so am Anfang einer Beziehung ist, man redet rund um die Uhr und verbringt die Zeit miteinander. Man lernt auch voneinander. Ich würde auch sagen, das mit den Büchern und mir liegt auch an einer sehr guten Freundin und einer Ex von mir. So beeinflussen Beziehungen nun mal das Leben.

Irgendwann verlieren die beiden noch Freunde dadurch, dass diese dann Kinder bekommen und wegziehen, sich ein eigenes Haus kaufen, usw. Das normale Leben halt.

Auch Elizabeth und Jack heiraten, bekommen einen Sohn, Toby, der wie viele Kinder in den letzten Jahrzehnten sehr gerne Minecraft spielt und dabei die Zeit vergessen kann. Er kann aber auch gelegentlich mal ein Agrokind sein.

Nebenbei erfährt man immer wieder Dinge über Elizabeth und ihre Familie, im Besonderen über ihren Vater und dessen Familie, die sehr reich ist und wohl nicht ganz auf die nette Art zu diesem Reichtum gekommen ist. Es wurden wohl einige Menschen übers Ohr gehauen, ohne dabei die Gesetze zu brechen. Wobei ihr Vater, und deswegen komme ich gerade darauf, gerne mal Windschutzscheiben von Behindertenfahrzeugen zerstört, wenn diese etwas zu dicht an seinem Auto parken. Er versucht immer besser zu sein als andere. Und buttert auch gerne mal seine Tochter unter, wenn die dann doch mal besser ist, oder ihm widerspricht. Naja, lest selbst.

Jack war ein kränkliches Kind, welches immer wieder ins Krankenhaus musste. Teilweise verschleppte er seine Krankheiten auch, um es den Eltern recht zu machen. Das war schon sehr fordernd, dies zu lesen, vor allem wenn die Eltern dann auch immer wieder sagen, dass das Kind zurückgeblieben sei, wobei Jack halt einfach ein eher stilles Kind war. Er war aber nicht dumm. Die einzige Person, die seine Begabungen erkannte, war in meinen Augen seine ältere Schwester, die wirklich versucht hat, ihn da rauszuholen. Sie war auch diejenige, die den Ausschlag gegeben hatte, dass er Kunst studierte und nach Chicago gegangen war.

In der jetzt Zeit leben Jack und Elizabeth zusammen und doch irgendwie getrennt. Sie reden nicht mehr wirklich miteinander. An der Uni, wo Jack unterrichtet, läuft es nicht mehr so richtig und bei Wellness, der Praxis, in der Sie versucht immer wieder, neue Menschen kennenzulernen und Toby nach neuesten psychologischen Forschungen zu erziehen. Sie ist wirklich eine Perfektionistin und schließt sich auch Gruppen an, von denen sie denkt, dass diese Toby gut tun. Sie will in die perfekte Wohnung ziehen und so zieht sich dies durch die ganzen 730 Seiten.

Ganz ehrlich, man bekommt auch immer wieder den Spiegel vorgehalten. Da wird so ganz nebenbei der Algorithmus von Facebook ein wenig erläutert, wobei dieser sicherlich nicht zu 100% erklärt wird. Man lernt wie Social Media manchmal auch ein wenig die Kommunikation stört, wie schnell man in solche Echokammern geraten, und wieso dies passieren kann.

Das Buch zeigt einem, dass man perfekte Absichten haben kann, denn die haben beide, und es läuft aber gar nichts perfekt, da ist es egal, ob es Elizabeth oder Jack ist. Sie wollen ein perfektes Leben und eine perfekte Erziehung, aber sie vergessen dabei sich selbst. Sie erzählen sich auch nicht alles. Es wird vieles einfach verschwiegen, wie die Probleme mit den Eltern, um nur eines zu nennen. Sie lügen sich nicht an, aber sie verschweigen sich etwas und zwar immer wieder elementare Dinge. Dies führt zu unnötigen Differenzen.

Keiner von uns ist perfekt. Jeder von uns hat so sein Päckchen zu tragen, der eine mehr, die andere weniger und die perfekte Familie gibt es nicht, auch wenn einen Social Media dies vielleicht glauben lassen. Es gibt auch nicht das perfekte Haus oder die perfekte Wohnung und die perfekte Erziehung. Es wird auch nicht das perfekte Buch geben, aber dieses Buch zeigt einem die Besonderheiten des modernen Lebens auf. Man springt in den Zeiten hin und her und dies auf eine intelligente Art und Weise, ohne dass es anstrengend wirkt. Wenn ich zum Lesen gekommen bin, dann waren es immer kurzweilige Stunden, aber man muss sich darauf einlassen. Man lernt so nebenbei Dinge über das Farming in der Prärie, über Kunst in Amerika, über Psychologie. Es ist einfach gehobene Literatur, die einen immer wieder zum Nachdenken auffordert, die einen aber, wenn man die Zeit und die Ruhe hat, nicht mehr loslässt. Es ist eine fordernde, aber auch schöne Sprache, die mir dort begegnet ist. Die vielen Themen und Facetten machen dieses Buch sehr lesenswert. Für mich ist Nathan Hill einer der spannendsten Literaten aus Amerika, den ich hoffentlich noch das ein oder andere Mal lesen werde, auch wenn es einen, wie es nun mal bei guter Literatur üblich ist, sehr fordern kann!

Wellness

Titel: Wellness

Autor/In: Hill, Nathan
Verlag: Piper Verlag
ISBN: 978-3-492-07214-4
Preis: 28,00 €
Erscheinungsdatum: 2. Januar 2024

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