Klappentext:
Auf der Suche nach einer grüneren Welt
Die Schwestern Julia und Lisa Hermes sind auf der Suche nach einer nachhaltigeren, einer grüneren, einer solidarischeren Welt. Per Anhalter, Segelboot, Kanu, Fahrrad und zu Fuß machen sie sich auf den Weg gen Westen. Dank der Entschleunigung erleben sie selbst die kleinen Dinge hautnah: die Fischschwärme des Atlantiks, die Gürteltiere der Patagonischen Steppe, die Brüllaffen im Amazonas-Regenwald.
Außergewöhnliche Reise mit zukunftsweisenden Begegnungen
Unterwegs stoßen sie immer wieder auf „gelebte Utopien“. Sie besuchen indigene Gemeinschaften, Aussteiger:innen, Ökodörfer und Kommunen außerhalb der gängigen Normen. Von ihnen lernen sie, wie eine nachhaltige und solidarische Zukunft aussehen könnte und was alles passieren kann, wenn wir den sicheren Hafen verlassen und zu neuen Ufern aufbrechen.
Vier Jahre ohne Flugzeug von Deutschland bis nach Mexiko
Rezension:
Mein Problem bei Reiseberichten ist immer, dass ich irgendwann überlege, wo ist mein Kulturbeutel, Rucksack, Isomatte, Schlafsack und ich habe dann immer wieder das Verlangen zu sagen, ich bin dann mal weg.
Da kommt jedes Mal dieses Pfadfindergen in mir hoch und ehrlich, wenn man mich fragen würde, wie wäre es mal ein Wochenende wandern und zelten, mein Rucksack ist im Schnitt nach einer halben Stunde komplett gepackt.
Wenn es dann um das Trampen geht, denke ich immer an gewisse Touren, wie die geplante Wanderung in den Vogesen. Man lässt sich treiben und landet in Amsterdam, oder ähnliche Touren. Sich einfach treiben lassen, neue Menschen und Ansichten kennenzulernen, das ist für mich reisen oder wie ich sage: „auf Fahrt sein“.
Nun treiben es diese beiden Frauen echt auf die Spitze und machen dies nicht nur am Wochenende oder drei Wochen lang, sondern über vier Jahre. Und echt, ich beneide die beiden. Da ist es egal, wo sie gerade sind, wie zum Beispiel bei der ZAD, einer Widerstandsbewegung z.B. in Notres Dame des Landes, wo eine Siedlung entstand, um gegen den geplanten Flughafenbau zu protestieren. Mittlerweile wurde dieses Flughafenprojekt auch aufgegeben. Aber dieses Menschen, die da immer noch mehr oder weniger im „Müll“ leben, und eine eigene Gemeinschaft haben entstehen lassen, sind beeindruckend. Hut ab vor diesen Menschen und dieser Einstellung.
Auch Gruppen, die die Geisterdörfer in Spanien wiederbeleben möchten, finde ich einfach spannend. Es zeigt sich immer wieder, dass es bei solchen Aktionen Wellen gibt und nur wenige die Energie haben, es auch durchzuziehen.
Da gibt es die Story wie sie über den Atlantik gesegelt sind und ich denke, würde ich auch gerne mal wieder machen, so einen Segeltörn. Und warum nicht mal über den Atlantik? Diese Menschen, die sie dabei kennengelernt haben, sind faszinierend. Es ist einfach immer wieder schön, über diese Herzlichkeit und Natürlichkeit zu lesen.
Auch wenn es nicht immer Gold ist, was da glänzt. Was mir gefällt, ist, dass die beiden auch durchaus das Negative mal anklingen lassen. Spannend ist, dass man immer wieder vor Ländern, oder Gegenden, gewarnt wird, und man da die herzlichsten Menschen kennenlernt. Während fast 30 Jahren auf Fahrt sein und etlichen Ländern, die ich gesehen und erlebt habe, habe ich die gefährlichste Situation in Landau erlebt und dies ist bekanntlich in Deutschland.
Die beiden gehen einfach offen mit den Menschen in Venezuela, Ecuador und Brasilien um. Also nicht, dass sie sich völlig blauäugig in die Situationen hinein bewegen, sie hören auf ihr inneres Ich, auf ihren Bauch, sagen auch mal nein. Diese Reise mit dem Kanu über den Amazonas, und diese Energie, die sie da hineingesteckt haben, um das auch zu erreichen, was sie sich vornehmen, ich ziehe da einfach meinen Hut.
Wie die beiden die Menschen in den Gegenden beschreiben, und dass man auch mal sieht, Fortschritt ist nicht immer Fortschritt, sondern auch mal Rückschritt, ist einfach gut zu lesen.
Sie haben ein besonderes Auge, für Menschen und Natur. Sie lassen sich auch mal auf die Situationen ein, die sie erleben. Da gibt es immer wieder besondere Ereignisse oder Menschen, egal ob es nun in Peru, Argentinien, Chile oder Ecuador ist.
Bewegend fand ich auch, dass sie sagten, dass man mit einem deutschen Reisepass überall einfach einreisen darf, aber Menschen die woanders herkommen, die dürfen es nicht und da kommt wieder die Frage auf, was können die Menschen dafür, wo sie geboren wurden?
Wir müssen sehen, dass wir den Menschen eine Lebensgrundlage bieten und es muss nicht immer das europäische oder deutsche Niveau sein. Wie wäre es z.B., wenn man in Mexiko mal aufhört, die „Ureinwohner“ zu drangsalieren? Warum muss man sie immer vertreiben? Wenn sie einfach so leben möchten, wie sie es seit Jahrhunderten gewohnt sind, warum kann man sie, wenn sie niemanden etwas tun, nicht einfach in Ruhe lassen, in einem Gebiet, welches ihnen eigentlich gehört?
Man muss nicht immer mit den Menschen einer Meinung sein, die anders leben möchten oder es tun, aber man sollte sie einfach kennenlernen und sich eine Chance geben, etwas Anderes kennenzulernen. Vielleicht lohnt es sich, auch mal bestimmte Dinge zu übernehmen? Sie vielleicht auch mal bei ihrem Kampf um Gleichberechtigung unterstützen. Mit ihnen reden und mit ihnen leben, nicht immer sagen, dass ist aber schlecht an der Lebensweise nur, weil sie anders ist als die eigene.
Für mich ist es ein lesenswertes Buch. Auch wenn ich nicht mit jeder Lebensweise oder „Utopie“, die die beiden beschreiben einverstanden bin, so muss ich sagen, gerade dies macht das Ganze auch interessant. Man sieht über den Tellerrand hinweg. Die beiden haben ihre Komfortzone verlassen und sind gereist. Sie bringen es uns in kurzen Kapiteln wirklich gut nahe. Sie zeigen auf, was es noch gibt außer „Mein Haus, Auto usw.“. Die Autorinnen sprechen offen über Ängste, die man bei den Reisen hat, aber auch die Chancen. Auf der einen Seite frage ich mich, ob ich dies noch könnte und auf der anderen Seite beneide ich die beiden.
Gerne mehr davon, auch wenn das Fernweh wirklich extrem stark ist seit ich das Buch angefangen habe, Aber wer weiß, vielleicht packe ich mal wieder meinen Rucksack und lasse mich wie die beiden einfach mal so treiben. Vorstellen könnte ich es mir, es mal wieder zu machen. Vielleicht du auch? Wenn du es dir vorstellen kannst, dann lies erstmal dieses Buch und lasse es auf dich wirken. Und vielleicht wird ja irgendwann mal eine der Utopien, die sie erlebt haben Wirklichkeit. Ich habe da so eine, die mir gefallen würde. Aber egal, viel Spaß beim Lesen und von anderen Ländern und Menschen Träumen wünsche ich bei diesem Buch.
Titel: Hermes, Julia & Hermes, Lisa
Autorin: Hermes, Julia & Hermes, Lisa
ISBN: 978-3-89029-546-6
Verlag: Malik Verlag
Preis: 18,00 €
Erscheinungsdatum: 27. Juli 2023