[Konzert] Ein gelungener Abend mit Klassik aus Tschechien und Armenien
Heute fange ich mal nicht beim Hineinkommen an, sondern bei dem gestrigen Abend, dem Preview-Konzert zum 8. Sinfoniekonzert, auch wenn ich selbst nicht da war, aber ich habe immer meine Augen und Ohren überall. Beruflich bekomme ich immer wieder viel erzählt. Diesmal war es besonders viel. Eine Gruppe behinderter Menschen war im Stadttheater im Preview-Konzert. Die Betreuerin war anfangs etwas sehr skeptisch, wie Klassik ihre Gruppe anspricht und ob es auch für sie selbst so das Richtige ist, denn sie war vorher noch nie in einem klassischen Konzert. Sie vertraute mir, als ich sagte, probieren sie es mal. Ehrlich gesagt hatte ich schon so ein wenig Angst, denn man weiß nie, wie es denn nun wirklich ankommt, denn jeder von uns hat so seinen eigenen Geschmack.
Was soll ich sagen, man hat mich an der Arbeit angerufen und war total hin und weg! Die Besucher haben dieses Konzert wunderbar aufgenommen. Die Art wie es erklärt wurde, wie locker alles war und dann die Musik, dieses miteinander und alles war niederschwellig, all dies kam sehr gut an. Diese Menschen, die vorher nie in einem Konzert dieser Art waren, waren auch einen Tag später noch total begeistert. So hat es mir zumindest die Behinderten Seelsorge der Ev. Kirche in Gießen erzählt.
In diesen Chor stimmte auch ein weiterer Gast im Stadttheater ein. Sie erzählt, sie sei auch vorher nie in einem solchen Konzert gewesen und habe etwas gemacht, was sie noch nie gemacht habe. Sie saß neben den Pauken im zweiten Teil des Konzertes und war hin und weg.
Warum ich dies erzähle? In ihrer Einführung am Donnerstag erzählte Frau Mecke von einer positiven Stimmung in diesem letzten Sinfoniekonzert in dieser Spielzeit und genau diese positive Stimmung hatte ich am Nachmittag von Menschen erzählt bekommen, die vorher nie in einem solchen Konzert waren. Sie erzählten mir, wie toll die Musik war, und wie locker und gelöst das war, was sie von dem Dirigenten erzählt bekamen.
Es war einfach eine positive Grundstimmung, die Frau Mecke verbreiten wollte, die ich aber schon viel früher bekommen habe. Sie erzählte über Smetana, über die Moldau und das heutigen Stück „Aus Böhmens Hain und Flur“ aus dem Orchesterzyklus „Mein Vaterland“ aus dem Jahr 1875, welches er bei vollständiger Ertaubung komponiert hat.
Weiter ging es mit dem Violinkonzert des armenischen Komponisten Aram Chatschaturjan, welches wohl unserem ersten Kapellmeister, Vladimir Yaskorski, als Armenier besonders am Herzen lag. Ich kann es auch verstehen, denn auch wenn ich Schwierigkeiten habe den Namen von Aram Chatschaturjan auszusprechen, kann ich sagen, die Musik hat was. Aber dazu gleich etwas mehr.
Den Abschluss gab es diesmal mit Antonín Dvořák und seiner Sinfonie Nr. 6 D-Dur op. 60. Leider habe ich das, was Frau Mecke erzählte, nicht so richtig verstanden, da ich diesmal irgendwie nicht so gut saß und es neben mir etwas lauter war, aber Dvořák ist mehr, als seine Slawischen Tänze. Dies wurde mir heute sehr bewusst.
Also auf ins Konzert. Ich war innerlich schon seit der Arbeit gehypt und war trotzdem sehr gespannt. Die Musik von Smetana, war eine stimmungsvolle Eröffnung in dieses letzte Sinfoniekonzert dieser Spielzeit. Irgendwie war es komisch, diesmal hat mich das Blech komplett abgeholt. Es war kraftvoll, aber nicht zu dominant. Es war wie die Natur, wie die kleinen Wälder und das platte Feld, welche ja immer auch ihre besonderen Gegebenheiten haben, die Smetana durch seine Musik zum Leben erweckt. Es war mal kraftvoll, mal stoppte es schnell. Es war, wie es nun mal in der Natur ist. Die Natur kommt nicht einfach nur daher. Es gib immer wieder Besonders zu erleben und genau so kam mir „Aus Böhmens Hain und Flur“ vor. Ich konnte mir mit der Musik die Landschaft in meiner Fantasie erscheinen lassen.
Als nächstes kam Aram Chatschaturjan mit seinem Violinkonzert aus dem Jahr 1940. Ein Violinkonzert hat ja auch meistens einen Solisten und dieser war diesmal Nikita Boriso-Glebsky. Einem Violinisten, der etliche renommierte Preise gewonnen hat, wie z.B. den Jean Sibelius Violin-Wettbewerb, oder den Queen Elisabeth Musik-Wettbewerb, um nur zwei zu nennen. So jemand in unserem kleinen Stadttheater, ist glaube ich schon etwas Besonderes. Aber besonders ist dieser Violinist in seinem ganzen Spiel. Mit wieviel Wärme und Gefühl er mit seinem Instrument umgeht, kann man sich wirklich nur schwer vorstellen. Man muss diesen Musiker erleben. Ich hatte so das Gefühl, er hat sich bei uns in Gießen sehr wohlgefühlt. Er hat den minutenlangen Applaus sichtlich genossen, den es nach dem den letzten Ton dieses Violinkonzertes gab.
Mit einer Zugabe, war ja zu rechnen, aber eine zweite, und war da nicht noch eine dritte Zugabe, damit war wirklich nicht zu rechnen. Ich weiß es deswegen nicht mehr, da ich einfach in einem leichten Hochgefühl in diesem Konzert war. Dass ich so etwas nicht hinbekommen würde, ist klar und alleine vom Zusehen, habe ich mir mindestens einen Bruch in jedem Finger zugezogen. Zu einem Wow oder so, lasse ich mich eigentlich bei Violinen eher weniger hinreißen, was einfach daran liegt, dass ich ein wenig Probleme mit der Tonlage der Violine habe, aber bei Nikita Boriso-Glebsky hätte ich mich zu noch einigem mehr hinreißen lassen, genauso wie viele Menschen heute Abend in unserem Stadttheater.
Das danach Pause war, war glaube ich für alle Beteiligten von Vorteil. Ich musste einfach mal ein wenig für mich sein, meinen eigenen Gedanken etwas nachhängen, das was ich in der ersten Stunde erlebt habe noch ein wenig verarbeiten und etwas Luft schnappen gehen.
Antonín Dvořák stand ja noch auf dem Programm und ganz ehrlich ich habe mich schon sehr darauf gefreut. Ich habe in den letzten Wochen einiges von ihm gehört und ich fand es bisher unwahrscheinlich angenehm, was ich hören durfte. Auch diese Sinfonie hatte es wirklich in sich. Das Gießener Theater wird ja manchmal als unruhig von manchen Kritikern wahrgenommen, aber das ist oft so, dass wir unsere Emotionen einfach mal rauslassen müssen. Nur diesmal irgendwie nicht. Es war diesmal irgendwie anders und ist es noch immer. Ich bin noch immer so beseelt und glücklich mit dieser Musik, die ich hören und erleben durfte, dass ich komplett in mir ruhe. Sie hat mein Herz einfach angerührt.
So geht es zumindest mir und ich kann nachvollziehen, warum Menschen aus dem Preview-Konzert gekommen sind und total hin und weg waren, obwohl sie noch nie vorher bei einem solchen Konzert waren und sie nie gedacht hätten, dass sie mit solcher Musik etwas anfangen können. Smetana, Chatschaturjan und Dvořák im Zusammenspiel mit Nikita Boriso-Glebsky und dem Philharmonischen Orchester Gießen schaffen es einfach, etwas im Herzen erklingen zu lassen, was in einem ein wärmendes Gefühl des Glücklichseins hinterlässt und man freut sich schon jetzt auf das 1. Sinfoniekonzert der Spielzeit 2024/2025 im Stadttheater Gießen.