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[Rezension] Tahara – Emanuel Bergmann

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Eine ›amour fou‹ unter der Sonne der Côte d’Azur. Als Marcel Klein, der berühmte Filmkritiker, in Cannes am ersten Festivalmorgen einen Espresso trinkt, lernt er die verführerische Französin Héloïse kennen. Jedes Mal, wenn sie sich zwischen Presse-Events, Partys und Premieren begegnen, streiten sie sich leidenschaftlich. Als Marcels Geheimnisse ihn einzuholen drohen, verlassen die beiden Hals über Kopf die Stadt. Denn auch Héloïse hat ein abgrundtiefes Geheimnis. Ein berührender und temporeicher Roman über die Lügen und die Liebe.

Emanuel Bergmann, da war doch was? Viel mehr! Bei mir fiel sofort der Groschen und mein Herz schlug etwas schneller vor Freude. Bei bestimmten Autoren frage ich nicht nach, was schreiben sie, sondern sie schreiben und ich freue mich schon auf das nächste Buch. Nach dem Buch „Der Trick“ erhielt Herr Bergmann von mir einiges an Vorschusslorbeeren und das nicht umsonst.

Es geht um Marcel Klein. Er ist Sohn eines verstorbenen jüdischen Vaters, der einige Waschsalons besessen hatte und irgendwann eine andere Frau statt seiner Mutter geheiratet hat. Marcel ist Filmkritiker und interviewt die Stars und Sternchen der Filmbranche. Die ganze Geschichte spielt in Cannes bei dem berühmten Filmfestival, wo sich die besagten Stars und Sternchen ein Stelldichein geben.

Am ersten Morgen trifft er Héloïse und sie löst etwas in ihm aus. Man könnte sagen, er hat sich Hals über Kopf verliebt. Sie lässt ihn nicht mehr los. Sie ist es auch, die bei einem weiblichen Star sagt, dass ihr der Freund Fremdgeht. Und genau darauf spricht Marcel diesen Star bei einem Interview an. Dass er dabei der Person in den Ausschnitt starrt und man daraus eine sexuelle Belästigung macht, zeigt mal wieder, wie brisant das Thema für den Star war.

Da Marcel aber auch vom Feiern in der Nacht vorher nicht richtig bei der Sache war und das Interview so richtig schlecht lief, macht das Ganze nicht gerade besser. Vor allem wenn man auch noch zu spät erscheint, ergibt dies so eine ungünstige Mischung. Dass er dann das Interview für seine Zeitung noch ein wenig aufhübscht und sich bei dem doch sehr knappen Gespräch nicht an die Wahrheit hält, macht das Ganze etwas noch schwieriger. Deswegen schneide ich bei meinen Interviews eigentlich nie etwas raus, außer der Autor will es. Am liebsten würde ich immer mich rausschneiden, aber das geht leider nicht.

Dies hat Marcel leider auch bei einem Text gemacht, der ihn zum Journalisten machte. Dieser handelte von der Tahara, der Totenwaschung, seines Vaters, die er auch ein wenig aufgehübscht hat. Man kann sich vielleicht schon denken, dass dies nicht gut ankommt und im Rahmen seiner anderen Verfehlungen ans Licht kommt.

Héloïse, die hübsche Französin, lernt er beim Frühstücken kennen. Sie ist Lehrerin, eigentlich mit einem Apotheker verheiratet und von zuhause aus der Ehe abgehauen, um bei dem Festival dabei sein zu können. Dass sie sich in Marcel verliebt, mit ihm dann auch nachts das besondere Nachtleben bei so einem Festival kennenlernt und sie sich immer näher kommen, kann man sich sicher denken. Aber das mit den beiden hat eine besondere Note. Es ist eine besondere Anziehungskraft zwischen den beiden. Marcel und auch Héloïse versuchen, ihre Probleme im privaten zu übertünchen. Marcel lebt über seine Verhältnisse, lügt und hat ein eher angespanntes Verhältnis zu seiner Familie.

Bei Héloïse ist es ähnlich. Wobei sie nicht lügt oder über ihre Verhältnisse lebt, aber sie stiehlt und verheimlicht ihre wahren Probleme. Was sie beide eint, ist die Liebe zum Film, und dass sie gerne auch mal wahrgenommen werden wollen. Sie greifen nur beide zu unterschiedlichen Mitteln. Dass das Lügenkonstrukt von Marcel gerade auf dem Festival zusammenbricht und er dabei Héloïse kennenlernt und mit ihr zusammen eine Art Bonnie und Clyde werden, macht dieses Buch besonders.

Emanuel Bergmann schafft es, ein Buch zu schreiben, wo man erkennt, dass er eine große Liebe zum Film hat und auch seine Einblicke als langjähriger Filmkritiker geben diesem Buch einen besonderen Touch. Eine Szene in dem Buch bleibt mir, glaube ich, ewig haften und das ist die Tahara von Marcel bei Héloïse. Wie er dies beschrieb, wie Marcel sie in der Badewanne reinigt, hat etwas Ergreifendes. Es hat etwas Anziehendes, wo mir so nebenbei eine kleine Träne ins Auge gestolpert ist. So gibt es viele schöne emotionale Momente in diesem Buch, die man erleben und lesen muss. Manchmal benötigte ich aber auch ein wenig Abstand von der Tiefe und der Wärme in diesem Buch. Es ist ein Roman, der für Filmliebhaber, aber auch für Menschen geeignet ist, die einen besonderen Roman lesen möchten.

Emanuel Bergmann deutet immer wieder nur an, so dass die Fantasie immer wieder auch Freiräume hat. Das ist wie bei einem guten Film. Ich muss nicht immer sehen, wie der Tote da liegt oder die Sexszene bis ins letzte sehen. Ich wünsche mir häufig einfach auch in Filmen wieder mehr Freiraum für die eigene Fantasie. Ich denke da immer wieder an Filme wie die Vögel, wo man die eigentlichen Attacken nicht richtig sieht, aber man sich trotzdem gruselt. Nein, man gruselt sich nicht im Roman „Tahara“ vom Emanuel Bergmann, aber man bekommt immer wieder Andeutungen gemacht und man kann dabei seine eigene Fantasie immer wieder laufen lassen. Und dies machte mir so viel Spaß und Freude. Für mich ist es einfach ein tolles Stück Literatur. Ich hoffe, für viele andere Menschen ebenso.

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Titel: Tahara

Autor/In: Bergmann, Emanuel
Verlag: Diogenes Verlag
ISBN: 978-3-257-07243-3
Preis: 25,00 €
Erscheinungsdatum: 21. Februar 2024

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